Der Pflegenotstand im Olgäle führt zu einer Verschiebung von Operationen. Ein Ende der Misere ist aber in Sicht.

Stuttgart - Es wird bis zum Herbst dauern bis die Intensivstation des Olgahospitals wieder voll geöffnet werden kann. Nur zehn der 14 Betten stehen momentan für die kleinen schwerstkranken Patienten zur Verfügung. Etliche Eingriffe mussten verschoben und fünf frisch operierte Kinder auf Intensivstationen nach Tübingen, Böblingen und Heidelberg verlegt werden.

Der Grund dafür ist ein Mangel an Fachpflegekräften. "Ohne Schwestern mit hoher Kompetenz sind wir ein Nichts", sagt Franz-Josef Kretz, der Ärztliche Direktor am Olgahospital. Von den 42 Stellen der Intensivstation seien zeitweise bis zu sechs nicht besetzt gewesen, weil der Pflegekräftemarkt leergefegt sei. Inzwischen habe sich die Situation wieder entspannt. Die Verträge mit neuen Mitarbeitern seien unterzeichnet, und in einigen Monaten sei die Belegschaft auf der Intensivstation der Kinderklinik wieder komplett, erläutert Kretz.

Für bedenklich hält der Anästhesist jedoch, dass nur etwa die Hälfte des Personals aus speziell ausgebildeten Fachpflegekräften für die Intensivstation besteht - die andere Hälfte sind Kinderkrankenschwestern. Für die beatmeten Säuglinge und Kinder werde eine besondere Betreuung benötigt. Außerdem weiß Kretz, dass einige Kolleginnen am Berufsanfang stehen und über nicht so viel Erfahrung verfügen wie die Stammbelegschaft.

"15 Herzkinder sind in der Warteschleife"


Die Bettenreduzierung wirkt sich auf den Operationsplan aus. "15 Herzkinder sind in der Warteschleife", sagt Kretz. "Selbstverständlich keine Notfälle, sondern Eingriffe, die medizinisch betrachtet guten Gewissens verschoben werden konnten." Dennoch hat Kretz großes Verständnis für die besorgten Mütter und Väter, die sich auf einen Termin eingestellt hatten. "Wenn man eine OP absagt, ist das Stress pur für die Eltern", sagt der Mediziner und würde lieber heute als morgen die Warteliste abbauen. Die angespannte Lage sei an Ostern noch durch eine Häufung an komplizierten Fällen verschärft worden. "Da kamen innerhalb weniger Tage sieben Babys mit Herzfehlern auf die Welt", erzählt Kretz, der zusammen mit seinen Kollegen schon viele Leben gerettet hat.

Die Suche nach qualifiziertem Personal ist mühsam. Mit Stellenanzeigen, mit Ausschreibungen im Intranet des städtischen Klinikums und mit Hilfe einer Leasingfirma ist es gelungen, Mitarbeiter zu finden. Das nächste Kunststück ist es, diese zu halten und langfristig betrachtet, den Personalbestand weiter aufzubauen. Denn im Olgäle-Neubau beim Katharinenhospital ist eine größere Intensivstation mit 21 Betten eingeplant. Als finanzieller Anreiz für die Mitarbeiter wurde immerhin der für kommunale Krankenhäuser ausgehandelte Tarif um monatlich 150 Euro erhöht. Eine Zulage, die bis Ende des Jahres vorgesehen ist.

Die Zahl der Auszubildenden schrumpft immer mehr


Das Olgahospital ist keineswegs die einzige Klinik, in der die Pflegekräfte knapp werden. "Alle Häuser in Deutschland haben neben einem Ärztemangel auch einen immer größer werdenden Mangel im Intensivpflegebereich", sagte am Freitag Bürgermeister Klaus-Peter Murawski im Krankenhausausschuss. Das liege unter anderem daran, dass die Zahl der Auszubildenden aus demographischen Gründen schrumpfe. Immerhin bilde das Klinikum Stuttgart Fachpfleger selbst aus und habe einen guten Ruf.

Zu dem Engpass geführt hat neben anderen Faktoren auch die ständige Arbeitsbelastung auf Intensivstationen. "Der Druck ist hoch, die Vergütung schlecht", kritisiert Personal Jürgen Lux. In den Anfangsjahren liege das Bruttogehalt gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bei rund 2400 Euro, und das sei zu wenig. Eine Einschätzung, der sich der Ärztliche Direktor des Olgäle anschließt: "Es braucht eine bessere tarifliche Dotierung für diese hochkomplexen Aufgaben", sagt Kretz. Er hält jedoch wenig davon, von Tarifabschlüssen abzuweichen.