Das Pflegezentrum Bethanien sammelt Spenden, um wieder einen sakralen Raum bauen zu können.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Für Bärbel Ullrich ist es ein Ort der Ruhe und der Stille. „Alle Konfessionen kommen in dieser Kapelle zusammen und feiern dort Woche für Woche ihre Gottesdienste“, sagt die 63-Jährige. An diesem Nachmittag hat sie einen orangefarbigen Bauhelm auf dem Kopf, eine Schürze um den Bauch und das Nudelholz in der Hand. Zusammen mit der Bethanien-Bewohnerin Eva Gramsch, der Diakonisse Rosemarie Hellenschmidt und den Mitarbeiterinnen Ute Maynhardt-Bausch und Marica Cusenza fertigt sie kleine Bausteine aus Ton. Jedem davon drückt sie den schweren und eigens gefertigten Messingstempel auf: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut“, ist darauf zu lesen. Es ist ein Zitat aus der Bibel. Der Psalm passt zum Ziel der Aktion: Das Bethanien sammelt Spenden für eine neue Kapelle.

 

Etwa 15 000 Euro sind erforderlich

Im Sommer 2017 sollen die Bagger anrollen. Die Diak Altenhilfe plant, das Pflegezentrum am Onstmettinger Weg in großen Teilen abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Dem fällt auch die kleine Kapelle zum Opfer. Seit vielen Jahren feiern die alten Menschen dort jede Woche ihre Gottesdienste.

Aber natürlich soll es auch im neuen Bethanien wieder eine Kapelle geben. „Für unserer Bewohner sind die Gottesdienste wichtig“, sag Doris Wüstner. Die Pflegedienstleiterin ergänzt: „Wir spüren, wie demenzkranke Menschen im Gottesdienst zur Ruhe kommen. Der Altar, das Kreuz, die Orgel und die bekannten Lieder, all das erzeugt Erinnerungen, und unsere Bewohner entspannen sich.“ Doch für Pflegeheime sind offiziell keine sakralen Räume vorgesehen. Solche können deshalb nicht über die Zuschüsse für Pflegeheime finanziert werden. Der Bau und die Ausstattung der neuen Kapelle kosten etwa 150 000 Euro. Das Bethanien möchte diese Summe nun aus Spenden finanzieren.

Bethanien verkauft Tonbausteine erstmals beim Sommerfest

Etwa 900 Tonbausteine soll es insgesamt geben. Das Fünfergrüppchen hat an diesem Nachmittag bereits die ersten 200 zusammen. Ute Maynhardt-Bausch schlägt dabei zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn das Tonen ist Teil der Beschäftigungstherapie. „Ich habe gezielt Bewohner gefragt, ob sie mitmachen wollen, und keiner hat mir einen Korb gegeben“, sagt die Bethanien-Mitarbeiterin. Die etwa vier mal sieben Zentimeter großen Bausteine sind aus selbsttrocknendem Ton. Das Team und die Bewohner des Bethanien wollen sie erstmals beim Sommerfest am 25. Juni anbieten, für eine Mindestspende von fünf Euro.

Es wird eine Zeit ohne Kapelle geben. Dann feiert das Bethanien seine Gottesdienste im Saal. Die großen Gottesdienste finden ohnehin dort statt, weil in der kleinen Kapelle nicht genug Platz ist. „Doch sie hat viel Atmosphäre. Es ist so ein kleiner schnuckliger Raum“, sagt Birte Stährmann. Sie ist bei der Diak Altenhilfe für die Öffentlichkeitsarbeit und das Fundraising verantwortlich und trauert der Kapelle schon jetzt ein bisschen nach. Stährmann hat recherchiert. In einer ersten Informationsschrift über das Bethanien schreibt der Architekt des Pflegeheims und der Kapelle, Eberhard Hübner: „Erfreulich war, dass bei aller Beschränktheit der Ressourcen, darstellender Kunst in eindrucksvoller Weise Gelegenheit gegeben werden konnte, in Gestalt von Plastik und Bildteppich zur Interpretation und Ausschmückung des Gebauten beizutragen.“ Gemeint ist wohl der Wandteppich, der nun in der Kapelle hängt.

Kapelle sollte ursprünglich eine Kindertagesstätte werden

Zudem hat Stährmann herausgefunden, dass die Kapelle ursprünglich eine Kindertagesstätte für den Nachwuchs der Mitarbeiter werden sollte. Doch schon während der Bauzeit zeichnete sich ab, dass der Bedarf nicht da war, und eine Kapelle wollte man auch haben. Also plante der Architekt noch einmal um. Diese Information hat Stährmann von Reinhard Weitbrecht, dem zweiten Vorsitzenden des Förderkreises und ehemaligen Heimleiter des Bethanien. Wie die neue Kapelle aussehen wird, weiß noch niemand. Auch die Frage, welche Gegenstände man aus der alten Kapelle in die neue umzieht, will das Team noch klären. Sicher ist, dass weitere Spendenaktionen folgen, um die erforderlich 150 000 Euro zusammen zu bekommen.