Seine Neugierde für einzelne Lichtteilchen führte den Nachwuchsforscher Sebastian Hofferberth aus den USA an die Uni Stuttgart.

Stuttgart - Das Auge kann den roten Laserstrahl auf der Laborbank nicht sehen. Deshalb hält Sebastian Hofferberth ein kleines Stück Papier in den Strahlengang - sofort zeichnet sich ein sandkorngroßer Lichtpunkt ab. Fünf Laser, allesamt in der Größe kompakter Schuhkartons, senden ihr Licht durch einen Wald an Spiegeln, Linsen und anderen optischen Instrumenten. Der Physiker Hofferberth und seine Kollegen präparieren damit die Laserstrahlen für die Jagd nach Rubidiumatomen.

 

Lichtleiter führen die Laserstrahlen auf den anderen Labortisch, wo die Falle steht. In einem Glaskolben verdampft das Rubidium. Die Laserpulse schießen durch das Glas, schieben die Atomen zusammen und kühlen sie auf ein Tausendstel Kelvin (rund minus 273 Grad Celsius) herunter. Das Magnetfeld einer Spule hält die frostige Atomwolke fest im Raum. Hofferberth schaut auf den Computermonitor, der über eine CCD-Kamera ein Falschfarbenbild der Rubidiumwolke zeigt: "Das werden so etwa 30 Millionen Atome sein", sagt er.

Hofferberth hat solide Aufbauarbeit geleistet

Die Falle funktioniert also. Und ist doch noch nicht gut genug: Auf wenige Tausend Atome muss der 34-jährige Physiker der Universität Stuttgart noch kommen. Dann kann er mit seiner eigentlichen Forschungsarbeit beginnen: dem Erzeugen einzelner Lichtteilchen, sogenannter Photonen. In einigen Wochen könnte es bereits so weit sein, hoffen der Physiker und seine vier Teamkollegen.

Der Nachwuchsforscher hat solide Aufbauarbeit geleistet. Als er im April von den US-amerikanischen Elitehochschulen MIT und Harvard kam, war in seinem Labor nichts außer grauem Linoleumboden. Der Stuttgarter Experimentalphysiker Tilman Pfau hatte Hofferberth nach Stuttgart geholt. Pfau selbst hatte der Physik und der physikalischen Chemie mit seinen Untersuchungen an hochangeregten Atomen, sogenannten Rydberg-Atomen, neue Wege aufgezeigt. Seine Ideen hatten ihm unlängst einen mit 2,4 Millionen Euro dotieren Forschungspreis des Europäischen Forschungsrats (ERC) eingebracht. Mit einem Teil des Geldes lockte Pfau nun den im westfälischen Herford geborenen Hofferberth nach Deutschland zurück.

Tagesablauf wird noch dichter

Der Physiker hat sich mit seiner Familie im Stuttgarter Westen niedergelassen. Die dreijährige Tochter ist Amerikanerin, kürzlich kam die zweite Tochter zur Welt. Damit wird der Tagesablauf noch dichter. Doch die flachen Hierarchien und der freundschaftliche Umgang in der Arbeitsgruppe von Pfau lassen Spielraum, Familie und Job auszubalancieren.

Hofferberth will nun mit einer eigenen Forschergruppe seinen Weg finden. "Ich möchte Photonen gewissermaßen auf Knopfdruck erzeugen", sagt er. Die Fallentechnik der Atomphysiker soll helfen, die Wechselwirkung von Atomwolke und Laserlicht genau zu kontrollieren: Hofferberth will ein einzelnes Rubidiumatom dazu anregen, ein einzelnes Lichtteilchen auszusenden. "Langfristig wollen wir mit einzelnen Photonen arbeiten. Besser geht es nicht", sagt Hofferberth.

Bei Quanten regieren statistische Prozesse

In der Informationstechnik, wo Lichtpulse in Glasfasern die Daten übertragen, entspräche dann ein Bit genau einem Lichtteilchen. "Physikalisch ist das aber kompliziert", erklärt er. Denn wenn es um kleinste Teilchen geht, in der Physik Quanten genannt, regieren statistische Prozesse. Ein Photon wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erzeugt, oder eben nicht. Wie will man da von Kontrolle sprechen?

Anderen Forschergruppen ist es zwar gelungen, einzelne Photonen erzeugen, doch die Kontrolle ist noch nicht gut genug. Denn welche Farbe diese Teilchen haben, ist bislang reiner Zufall. Hofferberth will bei den Photonen volle Kontrolle. Und genau diese Herausforderung bewog den jungen Forscher, von MIT und Harvard - dem Mekka in den Naturwissenschaften - nach Stuttgart zu kommen.

Photonen auf Knopfdruck

Idee: In einem Gas von Rubidiumatomen kann ein einziges Atom in einen hochangeregten Zustand befördert werden; alle anderen sind physikalisch blockiert. Zu diesem Zweck werden Magnetfallen zum Festhalten der Rubidiumatome benötigt sowie Laser zum Anregen des Atoms. Fällt das angeregte sogenannte Rydberg-Atom in seinen Grundzustand zurück, so wird genau ein Photon ausgesandt.

Herausforderung: Die Phänomene der Quantenwelt sind statistische Prozesse. Für ein Ereignis kann meist nur eine Wahrscheinlichkeit angegeben werden. Sebastian Hofferberth möchte ein Photon auf Knopfdruck erzeugen, das aber mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 100 Prozent.