Welchen Beitrag können Mittelstädte zur Ausbreitung der Elektromobilität leisten? Um diese Frage geht es bei einem gemeinsamen Projekt von Göppingen und Schwäbisch Gmünd.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Sobald eine Tankstelle die Preise senkt, bilden sich lange Schlangen. Die Energieversorgung Filstal (EVF) macht da andere Erfahrungen. An ihrer Stromtankstelle am Verwaltungssitz in der Großeislinger Straße verschenkt sie den elektrischen Kraftstoff seit drei Jahren sogar. Trotzdem hat sich eher selten ein E-Mobilist dorthin verirrt. Rund 350 Kilowattstunden seien von fremden Kunden bisher gezapft worden, sagt der EVF-Prokurist Peter Naab. Nicht einmal einen Hunderter hat die EVF ihre Marketingmaßnahme damit gekostet.

 

Standort nach wissenschaftlichen Erkenntnissen

An einer neuen Ladestation am Bahnhof, die der Oberbürgermeister Guido Till (CDU) als Teil des Projekts „Elektromobilität im Stauferland (EMiS)“ in der vergangenen Woche feierlich eingeweiht hat, dürfte es ein wenig lebhafter zugehen. Schließlich wurde der Standort nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gewählt: Man habe ein Konzept entwickelt, wo Ladesäulen geeigneterweise aufgestellt werden sollten, sagt Andreas Braun vom Städtebauinstitut der Universität Stuttgart, der das Emis-Projekt wissenschaftlich begleitet. Demnach scheiden Standorte an der Peripherie ebenso aus wie solche in Gebieten mit vielen Einfamilienhäusern. Dort würden die Elektroautos in der Garage aufgeladen, so Braun.

Seit anderthalb Jahren erproben die Nachbarstädte Göppingen und Schwäbisch Gmünd gemeinsam, welchen Beitrag Mittelzentren dazu leisten können, dass der Anteil der Elektromobilität steigt. Eine Million E-Mobile möchte die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 auf die Straße bringen. Bisher ist der bundesweite Erfolg eher bescheiden. Zum Jahresende 2013 waren es erst 12 000. Doch Braun ist mit Göppingen durchaus zufrieden. Rund 80 Autos mit Elektromotor sind mittlerweile bei der Zulassungsstelle des Göppinger Landratsamtes gemeldet. Das sind bei insgesamt 178 000 gemeldeten Fahrzeugen zwar nur 0,45 Prozent. Doch der bundesweite Anteil liegt mit 0,3 Prozent noch darunter. Zudem sind geleaste Fahrzeuge, die teilweise über auswärtige Kennzeichen verfügen, in Göppingen noch gar nicht mitgezählt.

Die beste Tankstelle steht am Bad

Ein wichtiges Ziel sei es, die Elektromobilität in die Stadtentwicklung zu integrieren, sagt der OB. Deshalb gehe man bei der Bereitsstellung der Ladeinfrastruktur bewusst in Vorleistung. Sieben Ladestationen gibt es mittlerweile im Stadtgebiet, in einem Parkhaus, an der Hochschule oder am Hohenstaufen. Gedränge gibt es nirgendwo. Doch gerade im Umfeld von Ausflugszielen und Freizeiteinrichtungen sei die Nachfrage besser, sagt die städtische Wirtschaftsförderin Christine Kumpf. So ist die Stromtankstelle an der Barbarossa-Therme bisher am beliebtesten. Das heißt: alle drei Tage wird dort für zwei bis drei Stunden ein Auto aufgeladen.

Noch bis zum Ende dieses Jahres läuft das Projekt, das vom Bundesverkehrsministerium mit 1,9 Millionen Euro gefördert wird. So lange ist der Strom an Göppingens Säulen kostenlos. Für die Zeit danach wird bereits vorgesorgt. Die unterschiedlichen Abrechnungssysteme, die es europaweit, bundesweit, ja sogar in der Region Stuttgart gibt, sind bisher ein Problem. Im Stauferland machte man bereits Erfahrung mit zwei Städten und einer Chipkarte. Künftig soll das Stromzapfen europaweit per Smartphone und QR-Code funktionieren. Wie schnell die Einführung dieses Systems flächendeckend gelingt, ist offen. Göppingen und Schwäbisch Gmünd sind jedenfalls schon dabei. „Wir sind deutschlandweit am weitesten“, sagt Bernd Forstreuter von der Salacher Firma Heldele, die für die Technologie zuständig ist. In ferner Zukunft läuft die Abrechnung dann bequem über die ganz normale Stromrechnung zu Hause.

E-mobile Vorreiter im Kreis

Pflegedienst:
Mario Schmidt von der Göppinger Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat es genau durchgerechnet. Demnach werde sich der Umstieg auf Elektro-Smarts für den mobilen Pflegedienst in exakt sechseinhalb Jahren amortisiert haben. Drei der 15 Fahrzeuge sind mittlerweile schon mit Stromantrieb unterwegs. Die anderen sollen folgen. „Wir sehen uns als Vorreiter“, sagte der Awo-Geschäftsführer Jürgen Hamann bei der Vorstellung der neuen Flotte.

Geldtransport:
Der Gemeindevollzugsdienst geht seit 2011 täglich mit einem E-Smart auf Tour, um die Parkuhren zu leeren. Für den Stop-and-go-Verkehr sei das Fahrzeug ideal.

Bauhof
: Der Göppinger Betriebshof setzt seit Februar 2013 einen Renault Kangoo ZE ein. Laut OB Till gilt er mittlerweile als das beliebteste Dienstfahrzeug.

E-Carsharing:
Die städtische Wohnbau hat für ihr neues Wohnquartier im Stadtgarten einen Renault Zoe angeschafft. Er kann von den Bewohnern gemietet werden. Rund 20 der 100 Parteien nutzen das Elektroauto regelmäßig und können so auf einen Zweitwagen verzichten.