London kämpft gegen schmutzige Luft. Deshalb sollen jetzt Tauben bei der Bekämpfung von Stickstoffdioxiden und Feinstaub helfen. Ist das auch für Stuttgart eine Möglichkeit?

Stuttgart/London - Überall trifft man sie in der Stadt an: Tauben. In London fliegen seit Mittwoch einige von ihnen mit einem GPS-Sender durch die Gegend und messen die Luftverschmutzung.

 

Das Projekt haben die Gründer des französischen Start-Ups „Plume Labs“ ins Leben gerufen. Denn die Luft in London ist besonders hoch mit gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxiden belastet. Hier kommen die Tauben ins Spiel: Mit feinen Sensoren messen die gefiederten Boten den Gehalt der Luft an Ozon, Stickstoffdioxid und Feinstaubpartikeln. Würde sich so ein Projekt auch in Stuttgart lohnen? „Eine großartige Idee“, findet Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer, die Taubenbeauftragte des Stadttaubenprojekts Stuttgart. „Tauben waren schon immer Boten, man hat sie im zweiten Weltkrieg aus U-Booten hochfliegen lassen, um zu sehen, ob die Luft rein ist.“ Für ihr Engagement wurde Brucklacher-Gunzenhäußer bereits mit der Ehrenmedaille der Stadt Stuttgart ausgezeichnet.

Tauben könnten die gesamte Stadt abdecken

Die Luft in Stuttgart ist alles andere als rein. Seit Jahren gilt Stuttgart als die Stadt mit der schmutzigsten Luft Deutschlands. Acht Messstationen betreibt die Stadt, um die Luftwerte in der Landeshauptstadt zu überwachen. Die Tauben könnten als Ergänzung dazu dienen, meint Brucklacher-Gunzenhäußer: „Tauben könnten die ganze Stadt abdecken. Wir haben acht Taubenschläge zwischen Cannstatt, Feuerbach und Stadtmitte.“ Auch seien die Tauben standorttreu, weiß die Expertin. „Sie machen den Tag über schwarmartige Ausflüge, kommen aber immer wieder an ihren Taubenschlag zurück.“ 

Die berühmten Friedenstauben sind auch Mobber

Allerdings sorgt sich die Taubenbeauftragte auch um das Wohl der Tiere: „Ich würde keiner Taube wünschen, ihr Leben lang einen Sensor zu tragen. So etwas funktioniert nur als Kurzzeitprojekt.“ Sie gibt zu bedenken, dass die Tauben durch schmale Eingänge in die Taubenschläge flögen. Dabei könnten sie mit ihrem Sensor hängen bleiben und sich verletzen. Zudem könnten andere Tauben die „Sensorträger“ mobben, meint Brucklacher-Gunzenhäußer: „Die berühmten Friedenstauben mobben sich gerne gegenseitig. Wenn eine Taube plötzlich einen Sensor trägt, könnte es passieren, dass die restlichen Bewohner sie ausgrenzen und picken.“ Deshalb werden bei dem Londoner Projekt aufgezogene Tauben losgeschickt, die alle einen Sensor tragen. Sie haben zudem ihren eigenen Tierarzt, der kontrollieren soll, ob es den geflügelten Messboten gut geht.

Stadtsprecherin: „Unsere Messsysteme funktionieren gut“

In Stuttgart ist sind Tauben bisher noch kein Thema gewesen.„Unsere Messsysteme funktionieren gut“, sagt eine Stadtsprecherin. Sie freue sich, dass man über alle Ansätze nachdenke und finde das Projekt interessant. „Bei der Verringerung des Feinstaubs können uns die Tauben aber leider nicht helfen, erklärt sie.

In London will man die Messungen zukünftig sogar ausbauen. Auch Menschen können einen Sensor mit sich führen, um die Luft zu überwachen. Umgerechnet etwa 125 Euro kostet ein Sensor, den man per Crowdfunding-Plattform kaufen kann. Diese Idee befürwortet Brucklacher-Gunzenhäußer: „Der Mensch geht damit besser um als die Taube. Und wir wissen, dass es um uns alle geht. Das finde ich eine gute Idee: Menschen messt doch mal eure Stadt.“ Die Messdaten der Londoner Tauben können in Echtzeit auf www.pigeonairpatrol.com verfolgt werden. 

Auch auf Twitter begleiten die Start-Up-Gründer ihre Schützlinge: