Wie schaffen es Adeliepinguine, jeden Tag rund 2000 Kleinkrebse für sich und ihre Küken zu fangen? Das untersuchen Biologen, indem sie den Vögeln kleine Videokameras auf den Rücken schnallen.

Stuttgart - Wenn alles gut läuft, schnappt sich ein Adeliepinguin in ein paar Metern Wassertiefe vor der Küste der Antarktis in jeder Sekunde seines Tauchganges gleich zwei kleine Krebse. Diese „Krill“ genannten Tierchen wiegen schließlich im Durchschnitt gerade einmal 0,4 Gramm, und an Land sperren ein oder zwei hungrige Küken die Schnäbel auf. Da müssen die Eltern sich ranhalten.

 

Wie die gerade einmal vier Kilogramm schweren Adeliepinguine dieses Kunststück schaffen, wusste bisher niemand so recht, weil sich eine Unterwasserjagd kaum beobachten lässt. Zumindest nicht, bis Yuuki Watanabe und Akinori Takahashi vom Nationalen Polarforschungsinstitut in Tokio auf die Idee kamen, 14 dieser Frackträger jeweils eine 33 Gramm leichte Mini-Videokamera auf den Rücken und zwei neun Gramm schwere Sensoren auf Kopf und Rücken zu kleben, die Beschleunigungen messen. Aus der Kombination der Daten aus diesen Geräten rekonstruieren die Forscher in der Fachzeitschrift „Proceedings“ der US-Akademie der Wissenschaften den Pinguin-Alltag unter Wasser.

Die Batterien halten nur 90 Minuten

Bisher kämpften Biologen vor allem mit dem Problem, dass ihre Beobachtungsdaten zu ungenau waren. Um die Tiere nicht allzu sehr zu behindern, muss eine Videokamera auf ihrem Rücken klein und leicht sein. Dann aber reichen die Batterien nur für knapp 90 Minuten – viel zu wenig, um den abwechslungsreichen Alltag der Pinguinjagd zu beurteilen. Natürlich können zum Beispiel angeheftete Magnete messen, wie die Tiere ihren Schnabel öffnen. Oder leichte Sensoren registrieren die Beschleunigung am Kopf der Pinguine und die Forscher berechnen daraus die Bewegungen. Dann reicht eine Batterieladung zwar für mehr als zwei Tage, aber die Ergebnisse sind keineswegs eindeutig: Öffnet der Pinguin seinen Schnabel und schließt ihn wieder, wissen die Forscher ja nicht, ob dabei tatsächlich Beute in den Schlund gerutscht ist oder ob sie einen Fehlversuch beobachtet haben. Außerdem zeichnen die Sensoren unter Umständen genau die gleichen Kopfbewegungen auf, wenn der Vogel erfolgreich einen Fisch fängt oder wenn er sich nach einer möglichen Beute umschaut.

Zuverlässiger sollten die Ergebnisse werden, wenn ein Pinguin gleich mehrere Messgeräte auf die Jagd mitnimmt. Deshalb haben die beiden japanischen Forscher in der Lützow-Holm-Bucht in der Ostantarktis 14 Adeliepinguine der dortigen Kolonie mit Videokameras und Beschleunigungssensoren ausgerüstet. Drei Kameras gingen im Wasser verloren, doch von den elf übrigen konnten die Wissenschaftler immerhin durchschnittlich 84 Videominuten auswerten.

Einer der Pinguine war insgesamt 48 Minuten unter Wasser und erwischte in dieser Zeit 244 Krill-Krebse, die zusammen immerhin knapp hundert Gramm auf die Waage bringen. Laut Statistik fangen die Vögel die Krebse bei mehr als eineinhalb Minuten langen Tauchgängen vor allem in Tiefen um zehn Meter, sind aber auch noch in achtzig Metern erfolgreich. Ein anderer Pinguin jagte jeweils 20 Sekunden kürzer und war meist weniger als fünf Meter tief unter dem Eis unterwegs. Dort hatte er es auf kleine Antarktisdorsche abgesehen, von denen er in 40 Tauchminuten 33 erwischte, die zusammen rund 165 Gramm wogen.

Bei der Jagd braucht ein Pinguin auch ein wenig Glück

Die Beschleunigungsmesser zeigten typische Bewegungsmuster, wenn die Pinguin erfolgreich Krill fangen. Die Muster bei einer Fischjagd sind ebenfalls charakteristisch, sehen aber anders aus. Die jeweiligen Bewegungsmuster fanden die Wissenschaftler dann auch in den vielen Stunden, in denen die Beschleunigungsmesser arbeiteten, während die Batterien der Videokameras bereits erschöpft waren.

Haben es die Pinguine auf die kleinen Antarktisdorsche abgesehen, die fast zwei Drittel ihrer Beute ausmachen, ist ihr Jagdglück demnach recht gleichmäßig verteilt, und sie finden zuverlässig ausreichend Nahrung. Bei der Jagd auf Kleinkrebse tauchen die Pinguine dagegen manchmal lange und erwischen nur hin und wieder einen Krill. Stoßen sie dagegen auf einen ganzen Schwarm der Tiere, können sie in jeder Sekunde sogar zwei von ihnen schlucken. So bekommen sie die rund 2000 Kleinkrebse, die sie am Tag brauchen, um sich selbst und ihre Küken zu ernähren, recht schnell zusammen. Offensichtlich ähnelt der Fang von Krill also ein wenig einem Glücksspiel und ein Adeliepinguin muss am Tag fünf Stunden tauchen, um die hungrigen Schnäbel im Nest mit diesen Krebsen zu stopfen.