Neuer Streit in der großen Koaltion wegen der PKW-Maut: Die SPD mäkelt wegen der Gesetzentwürfe der Minister Schäuble (CDU) und Dobrindt (CSU). Die Union pocht auf Koalitionstreue.

Berlin - SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte den Streit vom Zaun gebrochen. Kaum war über die Referentenentwürfe für die so genannte Infrastrukturabgabe berichtet worden, grätschte er dazwischen. Er sei „irritiert“, dass darin etwas ganz anderes stehe als im Koalitionsvertrag. Die SPD werde keinem Gesetz zustimmen, das deutsche Autofahrer „durch eine Hintertür später doch belastet“, so Oppermann. Sein Stellvertreter Sören Bartol fügt gegenüber der StZ hinzu: „Ich erwarte von Schäuble und Dobrindt, dass sie dem Bundeskabinett nur Gesetzentwürfe vorlegen, die den Vorgaben des Koalitionsvertrages entsprechen.“

 

Die Heftigkeit, mit der Oppermann reagierte, überraschte sogar Sozialdemokraten. Bisher hatte Oppermann sich der Union gegenüber derart loyal verhalten, dass bei den SPD-Abgeordneten die Verärgerung wuchs. Und so vermuten kundige Genossen in Partei und Fraktion, Oppermann gehe es nicht allein um die Sache. Der Fraktionschef sehe sich genötigt, die Laune seiner Leute zu heben. Dies auch deshalb, weil Oppermann sich im parteiinternen Streit über Steuererhöhungen und Freihandelsabkommen zuletzt als treuer Diener von SPD-Chef Sigmar Gabriel erwies. Sehr zum Unmut der beachtlichen Zahl an Abgeordneten, die sich zum linken Flügel zählen. Um die frostige Stimmung aufzubessern, heißt es, eigne sich kaum ein Thema besser, als die verhasste Pkw-Maut.

Union hat sich selbst in die Zwickmühöe manövriert

Deshalb sei Oppermann von der Linie Gabriels abgewichen, wonach sich die SPD beim Thema Pkw-Maut nicht einmische. Möge die Union sich allein mit den Widrigkeiten der Umsetzung herumschlagen, so die Ansage. Oppermann war der erste, der sich daran nicht mehr hielt, ob auf eigene Rechnung oder in Absprache mit Gabriel ist noch unklar. Sogar in der SPD gibt es Stimmen, die sagen, sie wüssten nicht, wie Oppermann von dem Baum wieder herunter kommen könne, auf den er geklettert sei. Seine Forderung sei nicht mit dem Europarecht konform umsetzbar. Sie würde faktisch das Scheitern der Maut bedeuten, heißt es. Das aber werde Gabriel um des Koalitionsfriedens willen verhindern.

Die Union hat sich mit dieser Art von Maut in eine Zwickmühle manövriert. Die von der Kanzlerin diktierten Auflagen, wonach die Autobahngebühr europarechtskonform und für deutsche Autofahrer kostenneutral sein müsse, erzwang ein kompliziertes Konstrukt. Das Ganze soll jetzt mit zwei Gesetzen geregelt werden, von denen behauptet wird, sie hätten nichts miteinander zu tun. In beiden Entwürfen steht aber sinngemäß, dass es zum Ausgleich der Maut nur dieses eine Mal einen Rabatt auf die Kfz-Steuer geben solle. „Künftige Änderungen der Infrastrukturabgabe erfolgen losgelöst von der Kraftfahrzeugsteuer“, heißt es im Entwurf zur Kfz-Steuer des Finanzministeriums.

Über diesen Satz könne man sich „nicht ernsthaft aufregen, allenfalls künstlich“, sagt Michael Grosse-Brömer, Fraktionsgeschäftsführer der Union. Er versichert, aus der Klausel lasse sich nicht herauslesen, dass seine Partei die Absicht hege, langfristig auch deutsche Autofahrer abzukassieren. „Mit der Einführung, da gebe ich meine Garantie, wird es keine zusätzliche Belastung der deutschen Autofahrer geben“, versichert Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Abgeordneten. Auch diese Garantieerklärung lässt aber Raum für Interpretationen. Sie sehe aber keine Notwendigkeit, die potenzielle Erhöhung einer Maut, die noch gar nicht eingeführt ist, jetzt schon auszuschließen, ergänzt die CSU-Frau. „Das Gesetz ist so in Ordnung.“ Von der SPD-Fraktion erwarte sie, „dass sie das, was wir gemeinsam vereinbart haben, auch einhält“. Sie halte solche Spitzfindigkeiten für „absurd“. Der neuerliche Streit um die Maut sei eine „Phantomdebatte“.