Nürtingens OB Otmar Heirich lässt die umstrittene Zeltwerbung zum Maientag nicht abhängen. Er kann sich nicht vorstellen, dass dadurch Minderjährige zum Biertrinken verführt werden.

Nürtingen - Der Oberbürgermeister Otmar Heirich verteidigt ein Plakat, mit dem die Stadt Nürtingen gemeinsam mit einem Stuttgarter Wasenwirt für die After-Work-Party am 10. Juni im Nürtinger Festzelt wirbt. „Ich sehe keinen Grund, sie im öffentlichen Raum abzuhängen“, erklärte Heirich jetzt auf Nachfrage. Lediglich an Kindergärten und Schulen würde der Rathauschef das Poster eher nicht anbringen.

 

Es zeigt fünf junge Frauen und einen Mann mit vollen Maßkrügen und in bester Partystimmung. „Feiern in Nürtingen. Sparbieraktion – ein Bier zahlen, zwei Bier trinken“, lautet das Motto anlässlich des Maientags. Auf manche Betrachter wirkt ein Teil der Mädchen jugendlich. Das empfindet der Oberbürgermeister anders. Er sehe junge Leute, „um die 27 Jahre alt, die feiern und fröhlich sind“. Insofern sei das Plakat „nichts Besonderes und auch nicht anstößig“, sondern es gebe lediglich eine typische Bierzeltszene wider. „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dadurch Minderjährige zum Bier trinken verführt werden“, sagt Otmar Heirich.

Zu einer anderen Einschätzung kommt Michael Schmid. „Das darf nicht vorkommen“, sagt der Rektor des Hölderlingymnasiums über die Auswahl des Din-A-2-Plakats, das die Stadt auch an Kindergärten und Schulen geschickt hat. Das Poster ist nicht nur an der zentral gelegenen Kreuzkirche und im Rathaus aufgehängt worden, sondern auch in zwei Nürtinger Kindergärten.

Schmid wird diesem Beispiel nicht folgen. Er versteht die Werbung als Aufforderung, zwei Maß, also zwei Liter Bier, zu trinken. Dies findet er umso bedenklicher, als es sich beim Maientag um das traditionelle Fest der Nürtinger Schulen handelt, das mit dem Maientagszug am Samstag seinen Höhepunkt findet. „Da sollte man doppelt vorsichtig sein“, bewertet Michael Schmid den Einsatz von Alkoholwerbung aus pädagogischer Sicht.

Alle abgebildeten Mädchen sind laut dem Weeber Festzeltbetrieb älter als 18 Jahre. Ulrike Zimmermann, die Leiterin des Nürtinger Max-Planck-Gymnasiums, hegt daran keine Zweifel. Dennoch bezeichnet sie das Plakat als „absolut unglaublich“. Dass die Stadt damit wirbt, ist aus ihrer Sicht „extrem ungeschickt“. So wie ihr Schulleiterkollege Michael Schmid denkt auch Ulrike Zimmermann, dass die Werbung nicht in Einklang zu bringen sei mit Präventionsmaßnahmen, die es wie in anderen Städten auch in Nürtingen gebe.

Schulleiterin sieht Prävention konterkariert

Als Beispiel nennt die Rektorin den von der Stadt beauftragten Sicherheitsdienst, der in den Abend- und Nachtstunden exzessiv trinkende und randalierende Jugendliche zur Ordnung ruft. Ein Brennpunkt in Nürtingen ist der Busbahnhof. In diesem Bereich gibt es immer wieder auch Probleme an dem Mäuerchen beim Max-Planck-Gymnasium. Lärm und Scherben, das sind Begleiterscheinungen jugendlichen Alkoholkonsums, mit denen die Schule seit langem zu kämpfen hat. Der Einsatz der Sicherheitsleute zeitige indessen Wirkung. Ulrike Zimmermann: „Unser Hausmeister sagt, dass wir dadurch deutlich weniger Probleme haben.“