Die Bundesversammlung ist die größte parlamentarische Versammlung in Deutschland. Damit alle Wahlleute in den Plenarsaal reinpassen, wurde der Saal unter der Kuppel komplett geräumt.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - „Alles muss raus“, war in den letzten Tagen die Devise im Bundestag, und das hatte absolut gar nichts mit Schlussverkauf oder sonstigen Rabattaktionen zu tun. Im Gegenteil geht es um hohe bis höchste Staatsangelegenheiten und um die Tatsache, dass im Plenarsaal unter der Reichstagskuppel Platz geschaffen werden muss, damit alle 1260 Mitglieder der Bundesversammlung hineinpassen, wenn an diesem Sonntag ab 12 Uhr mittags die neue Nummer eins der Bundesrepublik gewählt wird. Die Wahlkabinen sind auch schon aufgebaut.

 

Großoperation Plenarsaal-Umbau

Das ist nicht nur ein politisches Haupt- und Staatsereignis, sondern auch ein organisatorischer Kraftakt für die Bundestagsverwaltung. Sämtliche Tische und die bekannten blauen Stühle wurden aus dem Plenarsaal rausgeräumt, die Elektroleitungen für Telefone und Lampen gekappt und für den ordnungsgemäßen Wiederanschluss nach erfolgter Präsidentenwahl unter dem grauen Teppichboden des Hohen Hauses verstaut. Dann werden schwarze Stühle für die Wahlmänner und Wahlfrauen, die je zur Hälfte aus dem Bundestag und aus den sechzehn Bundesländern stammen, aufgestellt. Allein achtzig Baden-Württemberger werden am Sonntag mitentscheiden, wer das zwölfte Staatsoberhaupt der Bundesrepublik wird. Mehr als zwei Dutzend Referate sind beteiligt, einen Ablaufplan mit 73 Punkten abzuarbeiten: Wahlausweise – Bundesadler auf gelbem Plastik-Kärtchen – für alle 1260 Mitglieder ausstellen, Zimmer für Wahlleute ohne Bleibe in Berlin buchen, Busshuttles organisieren, Sicherheitsregularien überprüfen, für Essen und Trinken sorgen, Blumenschmuck bestellen. Es gibt vier Bodenvasen mit Tulpen, Ranunkeln, Schneebällen in Lila-Rosa-Weiß allerdings nur im Paul-Löbe-Haus, wo am Sonntag einige Fraktionssitzungen und der Empfang des Bundestagspräsidenten nach der Wahl stattfinden. Der Plenarsaal selbst bleibt blütenfrei; denn dort gibt es laut Protokoll Blumen nur wenn getrauert wird, und das ist bei der Bundesversammlung natürlich nicht der Fall. Seit Freitagmorgen sind die Straßen am Reichstag weiträumig abgesperrt, seit Freitagmittag sind Kuppel und Dachterrasse des Reichstags für Touristen versperrtes Gelände.

Die Kandidaten haben in der Bundesversammlung nichts zu sagen

Die fünf Kandidaten sitzen während der Bundesversammlung übrigens nicht direkt im Plenarsaal, sondern auf der Besuchertribüne Platz nehmen. Das gilt für Frank-Walter Steinmeier (SPD), der von Union und SPD vorgeschlagen wurde, ebenso wie für Albrecht Glaser (AfD), den die AfD benannt hat, den Wirtschaftswissenschaftler Christoph Butterwegge, der für die Linke antritt, und für den Vater des Satirikers Martin Sonneborn, Edelbert Sonneborn, den sein Sohn vorgeschlagen hat. Die Rolle der Kandidaten bei der Bundesversammlung ist stumm – Bewerbungsreden sind nicht vorgesehen. Nur der Gewinner hält nach seinem Wahlsieg eine kurze Ansprache. Im ersten Wahlgang muss der künftige Bundespräsident 631 Stimmen erhalten.

Entscheidung im ersten Wahlgang erwartet

Der CDU können laut den Informationen des Bundestags 428 Wahlleute zugeordnet werden (darunter 253 Bundestagsabgeordnete). Die SPD 384 entsendet Wahlleute (193 MdB), die Grünen 147 (63 MdB), die CSU 111 (56 MdB), die Linken 95 (64 MdB). Hinzu kommen als Vertreter von Parteien, die in Länderparlamenten, jedoch nicht im Bundestag vertreten sind, von der FDP 36 Wahlleute, von der AfD 35, den Piraten elf Mitglieder, zehn Freie Wähler aus Bayern, je ein Mitglied der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen und des Südschleswigschen Wählerverbandes sowie die fraktionslose Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach(früher CDU). Nachdem Union und SPD Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten vorgeschlagen haben und FDP und die Grünen bereits erklärt haben in mitzuwählen, ist eine Entscheidung bereits im ersten Wahlgang hochwahrscheinlich.