Bei IT-Dienstleistungen für kleinere und mittlere Firmen ist die Region Stuttgart ein starker Standort. Firmen wie Datagroup profitieren auch davon, dass große IT-Konzerne wie HP unter Spardruck stehen und sich teilweise zurückziehen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Wenn es um Informationstechnologie für Unternehmen geht dominieren die Namen großer internationaler Konzerne die Wahrnehmung: IBM, HP, Microsoft, SAP. Doch insbesondere bei den großen US-Firmen herrscht dabei seit Jahren ein massiver Druck, Arbeitsplätze aus Deutschland in billigere Länder wie Indien zu verlagern. Der Pliezhausener IT-Dienstleister Datagroup ist ein Beispiel dafür, wie trotz des harten Wettbewerbsdrucks mittelständische, deutsche Anbieter, die sich an den Bedürfnissen kleinerer und mittlerer Betriebe orientieren, die sich so eröffnenden Chancen auf dem Markt nutzen. Hier richtet man sich an Firmen mit 250 bis 5000 Arbeitsplätzen, die sich bei den großen Anbietern öfter als Kunden zweiter Klasse fühlen, weil diese ihre entscheidenden Umsätze mit deutlich größeren Firmen machen. „Ein Mittelständler hat gerne mit einem Mittelständler zu tun“, sagt Hans-Hermann Schaber, der Gründer und Vorstandsvorsitzende von Datagroup: „Bei uns weiß auch eine Firma dieser Größe, dass sie ein wichtiger Kunde ist.“

 

HP zieht sich zurück und Datagroup profitiert

Das vor zehn Jahren an die Börse gegangene Unternehmen ist gerade dabei, 300 Spezialisten vom deutschen Standort von Hewlett-Packard (HP) zu übernehmen. Dass diese Stellen abgebaut werden mussten, hat nicht mit einem fehlenden Bedarf, sondern mit harten Sparvorgaben aus den USA zu tun. Schon seit Jahren ist HP eine einzige Baustelle. Im vergangenen Jahr spaltete der Konzern sein Geschäft mit Druckern und PCs von seinem für Datenzentren und IT-Dienstleistungen zuständigen Unternehmensteil ab. Zwischen 2015 und 2016 hat der US-Konzern durch Teilverkäufe und Personalabbau die Zahl der Arbeitsplätze seiner IT-Serviceeinheit HP Enterprise halbiert. Der Konzern ist damit nicht allein: Auch IBM beispielsweise ist seit Jahren unter Druck.

HP Enterprise garantiert für mindestens fünfeinhalb Jahre ein bestimmtes Auftragsvolumen. Doch Datagroup sieht für die Expertise dieser Fachleute aus der Region auch darüber hinaus wachsenden Bedarf. Dass dies auch die ehemaligen HP-Mitarbeiter so sehen, zeigt die Tatsache, dass 92 Prozent aus der aufgelösten Abteilung den Übergang zu Datagroup mitmachen. Für das Unternehmen, das einschließlich der neuen Mitarbeiter in Deutschland nun 1700 Menschen beschäftigt, ist es bereits die achtzehnte Übernahme seit seinem Börsengang. „Die Knappheit an Beratern für bestimmte Systeme wie von SAP ist groß. Wir verdoppeln mit diesem Deal auf einen Schlag unsere Kapazität – das wäre anders nicht möglich“, sagt Schaber. Die Nähe zu den Kunden sei wichtig: „Unsere Mitarbeiter sind deutsche Muttersprachler. Sie wissen, was ein Lieferschein und eine Rechnung ist.“ Datagroup betont, dass die Firma ausschließlich von Deutschland aus operiert. Das passe zum sicherheitsorientierten deutschen Mittelstand. Zwar präferierten die großen angelsächsischen Unternehmen aus Kostengründen immer noch Länder wie Indien und Sri Lanka. Doch der Trend bei den mittelständischen IT-Anbietern gehe wieder weg vom internationalen Outsourcing – und dazu trage auch die zunehmende Digitalisierung der Produktion bei. „Der Faktor Arbeitskosten wird hier bei IT-Dienstleistungen weniger wichtig“, sagt Schaber. Hier brauche es schnelle und zuverlässige Lösungen vor Ort. „Wenn sie ein Problem mit der Fertigungssteuerung haben, können Sie sich nicht mit 70 Leuten in einer fernen Servicezentrale herumschlagen“, sagt Schaber.

Die Pliezhausener Firma betont ihre deutsche DNA

Das Wachstumspotenzial in diesem Bereich ist offenbar enorm. Anfang Oktober hat sich beispielsweise der ebenfalls mittelständische und auf eine ähnliche Kundengruppe spezialisierte IT-Dienstleister All for One Steeb aus Filderstadt durch eine Übernahme in Österreich vergrößert. Von elftausend Firmen in der für Datagroup interessanten Größenklasse, seien inzwischen knapp die Hälfte so weit, dass sie ihre IT durch einen externen Dienstleister betreiben lassen könnten, sagt Schaber: „Bisher war das Thema IT ein notwendiges Übel. Doch das ändert sich.“ Nun sei sie Teil des Kerngeschäfts: „Das Thema wird kompliziert und sie brauchen Spezialisten.“

Für ein kleines Rechenzentrum sei es auch schwierig, die geeigneten Mitarbeiter zu finden. Eine notwendige Hotline im Dreischichtbetrieb für 365 Tage im Jahr zu betreiben, sei für Mittelständler zudem nicht mehr bezahlbar. Allein in Deutschland ergebe sich so ein theoretischer Gesamtmarkt im jährlichen Volumen von 40 Milliarden Euro. Bis 2020 will das Unternehmen seinen Umsatz auf 350 Millionen bis 500 Millionen mindestens verdoppeln.