Weil das Wasser im Rhein fehlt, wachsen am Plochinger Hafen die Schrottberge. Die Schiffe, sofern sie überhaupt verfügbar sind, können nur die Hälfte der üblichen Last tragen.

Plochingen - Der Wasserstand im Rhein sinkt, die Schrottberge in Plochingen steigen. Das Auf und Ab folgt dem Gesetz der Logik: Weil derzeit nicht genügend Schiffe den Neckarhafen Plochingen ansteuern, können die Unternehmen dort ihre Ware nicht wie gewohnt auf den Wasserweg bringen. Die Firmen, wie das am Hafen beheimatete Schrott- und Metallhandelunternehmen Kaatsch, sitzen seit Tagen buchstäblich auf dem Trockenen.

 

„Wenn das Niedrigwasser anhält, müssen wir die Produktion weiter drosseln oder ganz einstellen“, sagt Hermann Wager, der Seniorchef des Unternehmens, unter Hinweis auf die überlaufenden Lager. Seinen Worten zufolge hält der Puffer noch gut eine Woche. Kaatsch, ein führendes Unternehmen der Kreislaufwirtschaft, beliefert die Stahlwerke in Deutschland, Frankreich und Lichtenstein mit hochwertigem Rohstoff. Plochingen dient dabei als Hauptumschlagplatz und regionales Drehkreuz für den Warenverkehr auf der Schiene, zu Wasser und zu Lande.

Engpass hat sich schon im Herbst abgezeichnet

Seit dem Herbst hat die Branche laut Wager mit dem sinkenden Pegel auf Deutschlands Wasserweg Nummer 1 zu kämpfen. Zwar ist der Neckar selbst von den Schwankungen nicht betroffen, doch der reduzierte Warenverkehr auf dem Rhein hat auch Auswirkungen bis hinauf nach Plochingen. „Wenn hier keine Bergfracht ankommt, dann können wir auch keinen Schrott neckarabwärts auf den Weg bringen“, sagt Wager. Immerhin sei es ihm jetzt gelungen, in der nächsten Woche zwei Schiffe aufzutreiben.

Mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein ist das allerdings auch nicht. Die Frachter können auf ihrem Weg in Richtung Nordsee jeweils nur 700 Tonnen laden. Hätten die Schiffe auf dem Rhein genügend Wasser unterm Kiel, läge die Ladekapazität zwischen 1200 und 1400 Tonnen. Zum Vergleich: Am Plochinger Hafen liegen derzeit rund 15 000 Tonnen Schrott zum Abtransport bereit. Selbst wenn sich der Wasserstand auf dem Rhein normalisiert, wird es noch einige Zeit dauern, bis der Schrottberg abgetragen sein wird. „Die Schiffe stehen ja nicht in der Garage. Die sind mit ihrer Fracht mehrere Tage unterwegs. Entsprechend dauert es auch länger, bis der Warenkreislauf wieder in Gang kommt“, sagt Wager.

Auf das Konto seines Unternehmens und das des Mitbewerbers Rhenus gehen rund 40 Prozent der insgesamt 1,5 Millionen Tonnen an Waren, die im vergangenen Jahr im Plochinger Hafen umgeschlagen worden sind. „Wir verzeichnen beim Gesamtumschlag im Vergleich zum Vorjahr ein Plus im höheren einstelligen Prozentbereich“, sagt der Hafendirektor, Hermann Straub, unter Hinweis auf die noch nicht ganz vollständige Jahresbilanz 2016. Während der Schiffsumschlag mit einem Anteil von knapp 45 Prozent nahezu gleich geblieben ist, hat die Bahn Straubs Worten zufolge um rund 20 Prozent zugelegt. Der Hafendirektor macht dafür das Bahnprojekt Stuttgart 21 und den Bau der ICE-Trasse nach Ulm verantwortlich. Der LKW-Umschlag ist deutlich zurückgegangen.

Schrott ist der Hauptumsatzträger

Beinahe jedes zweite der zwischen 550 und 700 Schiffe, die im Schnitt pro Jahr den Endhafen des Neckars anlaufen, verlädt Schrott. Jeweils zehn Prozent transportieren Düngemittel und Walzdraht. In nennenswerten Mengen werden zudem noch Baustoffe und Kerosin umgeladen. Der Treibstoff kommt per Bahn oder Schiff, wird in Plochingen in Tankwagen gepumpt und dann auf der Straße zum Landesflughafen weitertransportiert.

Landseitig werden dem Hafen im laufenden Jahr rund 50 000 Quadratmeter mehr Entwicklungsfläche zur Verfügung stehen. „Wir planen den Bau eines Schwerlastkais und eines Container-Umschlagplatzes“, sagt Straub. Dass der Erweiterung auch die Baracke zum Opfer fallen wird, in der die Verwaltung seit der Einweihung des Hafens untergebracht ist, sieht Straub eher als glückliche Fügung, denn als Schicksalsschlag an. Schon im April soll mit einem Neubau am Hechtkopf begonnen werden. 600 000 Euro will die Hafengesellschaft in das Gebäude investieren, das pünktlich zum 50. Geburtstag des Neckarhafens im kommenden Jahr eingeweiht werden soll.