Bundesweit ist der Umsatz bei Gewerbeimmobilien leicht zurückgegangen. Nur in Stuttgart endete das Geschäftsjahr mit einem Plus. Collier-Geschäftsführer Frank Leukhardt erklärt die Sonderrolle der Stadt.

Stuttgart - Der Handel mit Büros, Läden, Hotels und Lager-Immobilien ist 2016 in Deutschland geschrumpft. Je nach Lesart der verschiedenen Makler liegt der Rückgang zwischen vier Prozent und neun Prozent. In der Summe haben im abgelaufenen Jahr am deutschen Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien für knapp 53 Milliarden Euro den Eigentümer gewechselt. Trotz des Rückgangs verzeichnen die Makler damit das dritthöchste Transaktionsvolumen überhaupt. Besonders in Stuttgart laufen die Geschäfte gut. Denn entgegen dem Bundestrend legte die Stadt zu. Am städtischen Gewerbeinvestmentmarkt wurde im vergangenen Jahr nach übereinstimmenden Zahlen verschiedener Makler ein Transaktionsvolumen von knapp zwei Milliarden Euro verzeichnet. Nach Angaben des Maklers Colliers International stellt das Jahr 2016 „erneut einen historisch hohen Wert“ dar. Im Schlussquartal wurde mit knapp 900 Millionen Euro sogar ein Rekordwert erreicht, wie Colliers-Geschäftsführer Frank Leukhardt feststellt.

 

Leerstand bei Büroflächen liegt bei 2,8 Prozent

Den größten Anteil am Volumen bilden mit mehr als 60 Prozent die Büroimmobilien. Laut dem Makler Savills wurden 1,384 Milliarden Euro umgesetzt – also fast das doppelte von 2015 (697 Millionen). Nach dem Büromarkt waren die Bereiche Hotel (176 Millionen), Einzelhandel (155 Millionen), Logistik und Industrie (45 Millionen) die umsatzstärksten Märkte. „Neubauten und Projekte wie beispielsweise das City Gate, das Europe Plaza oder auch Office Milaneo konnten 2016 einen signifikanten Anteil am Transaktionsvolumen auf sich vereinen“, sagt Frank Leukhardt und betont: „Durch diese Sondereinflüsse liegen wir bundesweit vorne.“ ,Auch Frank Urfer von Savills Immobilien bestätigt dies: „Insbesondere um Objekte mit international bekannten Mietern, etwa aus der Automobil- und Maschinenbaubranche, findet ein intensiver Bieterwettstreit statt.“ Wegen der hohen Nachfrage nach Stuttgarter Büro-Immobilien müssten sich die Investoren mit geringeren Renditen zufriedengeben.

Urfer: „Die Spitzenrendite für Büroobjekte fiel seit Ende 2015 um 80 Basispunkte – so stark wie in keinem anderen Markt der größten sieben Städte.“ So konnten für innerstädtische Geschäftshäuser in 1-A-Lage zuletzt 3,3 Prozent Rendite realisiert werden, innerstädtische Bürohäuser wurden in der Spitze zu 3,9 Prozent gehandelt, im Logistikbereich liegt die Spitzenrendite aktuell bei 5,6 Prozent. Vom knappen Angebot in der Stadt profitieren andere. „Während sich das Interesse internationaler Käufer bisher vor allem auf das Stadtzentrum sowie zentrumsnahe Bereiche von Stuttgart konzentrierte, prüfen sie immer häufiger auch Stadtbezirke wie Feuerbach, Zuffenhausen, Weilimdorf oder Vaihingen sowie Satellitenstandorte wie Böblingen/Sindelfingen, Ludwigsburg oder Esslingen“, sagt Urfer.

Obwohl es im Talkessel eng zugeht, könnte sich dieser Trend wieder umkehren. „Sobald die Möglichkeit besteht, werden beispielsweise Unternehmen wie PWC oder KPNG wieder zurückkehren“, sagt Leukhardt. Für die großen internationalen Firmen sei ein Standort in der Innenstadt ein Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte. Lediglich Bosch oder Daimler sehen dies laut Leukhardt etwas entspannter. Gleichwohl sei die derzeitige Leerstandsquote von 2,8 Prozent nicht gerade „gesund“. Der Investment-Experte von Colliers wünscht sich daher die Ausweisung neuer Flächen, um so eine Leerstandsquote von etwa sechs Prozent zu erreichen. Noch stelle dies für die Stadt kein Problem dar. Denn die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien wird laut des Experten auch in diesem Jahr sehr hoch bleiben. „Die Lage ist nicht so schlimm, dass man große Unternehmen nicht in Stuttgart halten könnte“, sagt Leukhardt, „aber neue gewinnen wir so sicher nicht. Ein viel größeres Problem ist, dass unser Flughafen eine höhere Internationalität braucht.“