Beim Poker um den Bremsenspezialisten Haldex geht es längst nicht nur ums Geld, den ZF Friedrichshafen ist trotz eines niedrigeren Gebots Favorit. Es geht um etwas ganz Anderes, kommentiert Imelda Flaig.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Das Gezerfe um den schwedischen Lkw-Zulieferer Haldex mutet beinahe an wie ein Krimi. Da kommt der Lkw-Kupplungshersteller SAF Holland und macht für Haldex ein Übernahmeangebot. Das wiederum wird von ZF überboten. SAF Holland macht einen Rückzieher und lässt ZF bei den Schweden den Vortritt. Kurz vor der Zielgeraden fährt Knorr-Bremse den Friedrichshafenern in die Parade und überbietet das ZF-Angebot. Die Schwaben bessern nach, Knorr-Bremse ebenso. Solche Spielchen lassen sich nicht ewig treiben, denn irgendwann wird die Luft dünner. Das Verblüffende an der Sache ist allerdings: Obwohl das ZF-Angebot niedriger liegt als das vom Zulieferer aus München, gibt Haldex dem Konzern vom Bodensee den Vorzug. Offenbar fühlt man sich dort besser aufgehoben.

 

Es geht um wichtige Technologie

Klar ist, bei dem Poker geht es nicht nur ums Geld, sondern um eine strategisch wichtige Technologie beim autonomen Fahren von Lkw. ZF hat sich hier viel vorgenommen. Zwar beherrscht der Zulieferer das Geschäft mit Lenkung, Getriebe, Sensoren und Elektronik, doch an der Bremsentechnologie hapert es. Mit Haldex hätte man das entsprechende Know-how mit einem Schlag im eigenen Haus und wäre damit in der gleichen Position wie bei Pkw. Kartellrechtliche Bedenken sind nicht zu befürchten, Überschneidungen in der Produktpalette gibt es nicht.

Ein perfekter Deal, wäre da nicht Knorr-Bremse aufgetaucht. Offenbar will das Münchner Familienunternehmen um jeden Preis zum Zug kommen, dabei ist es gar nicht so auf die Technologie angewiesen – die beherrscht Knorr-Bremse schließlich bereits. Bei einer Übernahme könnten hohe Auflagen drohen und damit auch Arbeitsplätze auf der Kippe stehen.

Der Eindruck, dass sich die Münchner mit dem Haldex-Kauf einen Wettbewerber vom Hals halten möchten, ist nicht von der Hand zu weisen. Mit ZF im Rücken könnten die Schweden den Münchnern manchen Auftrag wegschnappen. Jetzt liegt es an den Aktionären, wem sie den Vorzug geben. Kurzfristig Kasse machen ist nicht automatisch die beste Entscheidung.