Exklusiv Noch ist der Eni-Konzern mit 50 Prozent an den EnBW-Gastöchtern beteiligt. Doch die Italiener wollen verkaufen. Käufer könnten die EnBW sein, aber auch Land und Landkreise.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Drei Jahre nach dem EnBW-Rückkauf von der Électricité de France (EdF) bahnt sich im baden-württembergischen Energiesektor eine weitere Verstaatlichung an. Der italienische Erdöl- und Energiekonzern Eni will sich nach Informationen der Stuttgarter Zeitung von seinem 50-Prozent-Anteil an der Gasversorgung Süddeutschland (GVS) und deren Schwesterunternehmen Terranets BW trennen. Die Anteile soll entweder der Karlsruher Energiekonzern EnBW alleine übernehmen, der bereits die anderen 50 Prozent hält, oder ein Konsortium aus der EnBW und ihren Großaktionären, dem Land Baden-Württemberg und dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW). Das Geschäft hat nach Schätzungen aus der Branche ein Volumen in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe. Hinter den Kulissen wird derzeit mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet.

 

Einst wurde die „starke Allianz“ mit Eni gefeiert

Seit gut zehn Jahren stehen die Eni – ein weltweit tätiger Konzern mit fast 80 000 Mitarbeitern, der sich noch zu einem knappen Drittel im Staatsbesitz befindet – und die EnBW als gleichberechtigte Gesellschafter hinter der 1961 gegründeten Gasversorgung Süddeutschland. Die Anteile an der Erdgashandels- und Vertriebsgesellschaft GVS einerseits sowie an dem Netzbetreiber Terranets (früher: GVS Netz) andererseits halten sie über eine gemeinsame Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Karlsruhe. Diese übernahm 2002 zunächst 25 Prozent der Anteile vom Land und 37,22 Prozent von sechs kommunalen Gesellschaften, später kamen 33,4 Prozent von den Neckarwerken hinzu. Das Zusammengehen wurde damals als „starke Allianz für den deutschen Gasmarkt“ gefeiert.

Die Eni-Führung zeigte sich erfreut, ihr Gasgeschäft „in einem Markt von der Größe Deutschlands“ ausbauen zu können. Die EnBW wiederum kündigte an, die GVS zu einem „aktiven Mitspieler des liberalisierten Gasmarktes“ zu entwickeln. Beide Gesellschafter versprachen, den Kommunen und deren Stadtwerken „ein fairer und kompetenter“ Partner zu sein.

Land will Einfluss auf Infrastruktur wahren

Warum der italienische Konzern jetzt aussteigen will, ist nicht bekannt. Ein Eni-Sprecher sagte der StZ lediglich, man kommentiere den Vorgang nicht. Das Gasgeschäft mit Schwerpunkt auf Baden-Württemberg ist laut GVS „äußerst heraus- fordernd“ und von einem starken Preiswettbewerb geprägt. Im vergangenen Jahr hat die Gesellschaft einen Gewinn von etwa 8,6 Millionen Euro ausgewiesen und abgeführt. Die EnBW Eni Verwaltungsgesellschaft kam dagegen auf einen Fehlbetrag von knapp 64 Millionen Euro. Aus der Branche verlautet, das Verhältnis zwischen den beiden Partnern sei nicht besonders gut gewesen. Offenbar hat die EnBW ein Vorkaufsrecht, wenn sich Eni von seinen Anteilen trennen will.

Der neue EnBW-Chef Frank Mastiaux soll nach StZ-Informationen zunächst erwogen haben, die Beteiligung an der GVS oder an Terranets zu veräußern. Durch Verkäufe will er bekanntlich bis zum Jahr 2020 drei Milliarden Euro erlösen. Die Hauptaktionäre hätten ihm jedoch bedeutet, dass dies nicht erwünscht sei; das fast 2000 Kilometer lange Fernleitungsnetz sei wichtig für die Infrastruktur des Landes. Ein Aufstocken der Gasbeteiligung passt andererseits zu Mastiaux’ Strategie, das Gasgeschäft der EnBW auszubauen.

Die EnBW hat keine volle Kriegskasse

Hinter den Kulissen wird derzeit darum gerungen, wer die Eni-Anteile übernimmt. Die EnBW will dies offenbar nicht alleine schultern. Zum einen verfügt sie über keine prall gefüllte „Kriegskasse“ für solche Zukäufe, zum anderen hat sie ohnehin schon fast die Mehrheit bei der GVS und bräuchte dafür keine weiteren 50 Prozent. Alternativ wird deshalb erwogen, dass ein Konsortium aus der EnBW, dem Land und der OEW den Anteil der Italiener kauft. Der Landkreiseverbund OEW verwies auf Anfrage „an die Eigentümer Eni und EnBW“. Bei der EnBW hieß es: „Marktgerüchte beziehungsweise Spekulationen kommentieren wir nicht.“ Auch von der Landesregierung war keine Stellungnahme zu erhalten; der Vorgang soll aber bereits im Kabinett zur Sprache gekommen sein.

Mit der Finanzierung des Rückkaufs von GVS und Terranets täten sich Land und OEW gleichermaßen schwer. Beide müssten dazu wohl neue Schulden aufnehmen, wie sie dies schon für die jüngste EnBW-Kapitalerhöhung getan hatten; dabei leiden beide unter den sinkenden Ausschüttungen der EnBW. Anders als beim EnBW-Rückkauf werde man natürlich eine gründliche Prüfung („Due Diligence“) vornehmen und rechtzeitig die betroffenen Parlamente einbinden, hieß es aus Eigentümerkreisen.

Ähnlich wie beim EnBW-Deal wird auch erwogen, GVS-Anteile später an die Stadtwerke weiterzuverkaufen. Bei diesen scheint das Interesse sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein. Die Überlegungen seien aber noch nicht sehr weit gediehen, hieß es. Mit einer Entscheidung über das Geschäft wird noch in diesem Jahr gerechnet.