Nach dem Bundestag billigte nun auch der Bundesrat in Berlin das Ende der Kernkraftnutzung.

Berlin - Der Atomausstieg bis 2022 und die Stilllegung von acht Atomkraftwerken ist endgültig beschlossene Sache. Der Bundesrat billigte am Freitag einstimmig das neue Atomgesetz, das nach der Unterschrift von Bundespräsident Christian Wulff in den nächsten Wochen in Kraft treten kann.

 

Zugleich fordern die Länder Änderungen bei der Gebäudesanierung - sie wollen keine Steuerausfälle durch die Abschreibung von Sanierungskosten übernehmen. Nach der Ablehnung des entsprechenden Gesetzes muss nun wohl im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eine Ausgleichslösung gefunden werden.

Bis September soll die Bundesnetzagentur entscheiden, ob eines der acht stillgelegten AKW für den Fall von Stromengpässen bis 2013 in Bereitschaft bleibt. Die stillgelegten Meiler sollen nach einer mehrjährigen Nachbetriebsphase, wo die Brennelemente abkühlen müssen, zurückgebaut werden. Das kostet mindestens 500 Millionen Euro pro AKW, die Konzerne haben hierfür Milliarden-Rückstellungen.

"Historische Energiewende in Deutschland"

Mit dem Atombeschluss wird als Folge der Katastrophe von Fukushima die erst im Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung zurückgenommen. Die Reihenfolge der Abschaltung bei den neun verbleibenden Atommeilern sieht so aus: 2015 Grafenrheinfeld, 2017 Gundremmingen B, 2019 Philippsburg II, 2021 Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen C sowie 2022 Isar II, Neckarwestheim II und Emsland.

Eine Lösung des Streits bei der Gebäudesanierung ist noch unklar. Die Steuermindereinnahmen durch die Abschreibungsmöglichkeit können sich auf 1,5 Milliarden Euro über mehrere Jahre belaufen. Wer sein Haus energetisch saniert, kann bis zu zehn Prozent der Kosten jährlich von der Steuer absetzen. Mit einem Dämmen von Wänden und dem Austausch von Fenstern soll der Energieverbrauch gesenkt werden - in Gebäuden wird 40 Prozent der Energie verbraucht.

Die FDP dringt auf eine rasche Lösung im Vermittlungsausschuss. Mit seiner Ablehnung gefährde der Bundesrat den Erfolg „der historischen Energiewende in Deutschland“, sagte der FDP-Bauexperte Sebastian Körber. Einige Länder kritisieren zudem, dass die Förderung von ebenfalls 1,5 Milliarden Euro pro Jahr nicht ausreiche, um eine Sanierungsquote bei allen Gebäuden von zwei Prozent jährlich zu schaffen.

Das Gesetz war das einzige beim Atom- und Energiepaket, dem der Bundesrat zustimmen musste. Die anderen sieben Energiegesetze, darunter das Atomgesetz, können wie geplant in Kraft treten.

„Dieses Projekt ist ein Bürgerprojekt“

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) misst der deutschen Energiewende eine hohe außen- und geopolitische Bedeutung bei. Wenn Deutschland als großes Industrieland die Wende zu einer Versorgung mit erneuerbaren Energien schaffe, habe dies eine große Strahlkraft, sagte Röttgen im Bundesrat. „Dieses Projekt ist ein Bürgerprojekt.“

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) betonte, die Wende sei solide durchgeplant und werde die Versorgungssicherheit garantieren. Neben dem Ausbau der Ökoenergien seien bis 2013 Kraftwerksbauten mit einer Kapazität von 13 Gigawatt geplant, bis 2020 sollten Kraftwerke mit weiteren 10 Gigawatt gebaut werden. Eine große Herausforderung sei der Netzausbau, bis 2022 brauche man bis zu 4000 Kilometer an neuen Netzen. „Bisher sind die Netze der Flaschenhals, insbesondere bei der Nutzung der erneuerbaren Energien“, betonte Rösler. Ein neues Netzausbaubeschleunigungsgesetz soll helfen, das Problem zu lösen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kritisierte die Energiepläne als zu zögerlich. „Wir brauchen ein entschiedenes Einstiegsszenario in regenerative Energien.“ Als Beispiel nannte er eine zu geringe Förderung von Windkraft an Land. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) forderte eine rasche bundesweite Suche nach einem Atommüll-Endlager. Bisher wird nur der Salzstock im niedersächsischen Gorleben erkundet. Bis Ende des Jahres soll es ein Gesetz geben für die Endlagersuche.