Die Politiker nutzen das Web für sich. Über Facebook und Twitter kommen sie mit dem Wähler in Kontakt. Aber wie echt ist der Kontakt wirklich?

Stuttgart - Für deutsche Politiker war das Internet lange Zeit ein unbekanntes Gebiet, in das sich nur Wenige vorwagten. Als die ARD im Jahr 2007 Mitglieder des Bundestags zum Thema Internet befragte, waren die Antworten beschämend. Manch ein Abgeordneter wusste noch nicht einmal, was ein Browser ist. Doch mit dieser Ignoranz ist es vorbei, denn über alle Parteien hinweg ist jetzt eines klar: Die virtuelle Welt nimmt immer mehr Einfluss auf die Politik - und wer zu spät kommt, den bestraft der Wähler. Nach dem die Piratenpartei in Berlin durch neue Themen, allen voran das Internet, auf 8,9 Prozent kam, nutzen die etablierten Parteien jetzt die Möglichkeiten von Facebook, Twitter und Youtube noch intensiver als vorher. Jeder Politiker von Rang und Namen besitzt eine Facebookseite oder ein Twitterkonto und nutzt es rege.

 

Über die neuen Medien könnte ein Politiker in wenigen Sekunden die neuesten Ereignisse in der Politik mitteilen, um dann über sie zu diskutieren. Doch das Netz wird in den meisten Fällen dafür genutzt, um auf sich aufmerksam zu machen. Wer besonders auffällt, der bekommt im Netz eben die größte Aufmerksamkeit. Vor allem Facebook dient fast ausschließlich als Werbeforum für eine Partei oder eine Person. Das birgt die Gefahr, dass der politische Sinn völlig abhandenkommt.

Werden die Bürger künftig direkt übers Netz eingebunden?

So hoffen viele Politiker darauf, einen besseren Draht zu den Facebook- und Youtube-Usern zu bekommen, indem sie ihre Seite durch persönliche Dinge bunter gestalten. Das geht meistens völlig schief und manch ein übereifriger Kandidat verliert eher an Seriosität. Daniel Mack zum Beispiel, Mitglied der Grünen in einem hessischen Kreistag, twitterte sich ganz hoch an die Spitze der deutschen Politiker mit den meisten Followern. Doch das wurde seinen Parteifreunden zu viel - und sie kündigten im November an, ihn aus der Fraktion auszuschließen.

Viel wichtiger als die Facebook-Banalitäten ist jedoch die Frage, welche Rolle das Internet in der Politik von Morgen spielen wird. Werden die Bürger künftig direkt übers Netz eingebunden? Manche Abgeordnete kommentieren die aktuellen Themen jetzt schon während der Bundestagssitzungen live auf Twitter. Dadurch wird der Bürger in die Bundestagsdebatte genommen und kann sogar mitdiskutieren. Dass das Internet aber, selbst wenn alle Politiker mit den Bürgern online in Kontakt stehen sollten, eine engere Bindung schafft, ist zu bezweifeln. Denn auch wenn man sich mitten im Alltag des Politikers wiederfindet, weiß man nicht, ob es bloß eine Scheinwelt ist, wie sie sich im Netz leicht aufbauen lässt.

Maximilian Reinold

Der Autor ist 1995 geboren und wohnt in Stuttgart. Geht hier zur Schule: Freie Waldorfschule am Kräherwald, 10. Klasse. Er hat im Sommer eine Spezialausgabe der Stuttgarter Zeitung mitgestaltet. Ihm gefallen: Politik, Zeitung, Bücher und selber schreiben. Er ist: Chefredakteur der Schülerzeitung "EbbesNews". Was er später einmal werden möchte: Journalist.