Es wird dauern, bis Siegfried Stumpf den Strafbefehl wegen seines mutmaßlichen Fehlers beim Schwarzen Donnerstag in Händen hält. Die Staatsanwaltschaft hat eine Geldstrafe beantragt – doch ein Richter muss zunächst umfangreiches Aktenmaterial sichten.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Jetzt ist es offiziell: die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen Siegfried Stumpf am Donnerstag beim Amtsgericht eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt beantragt. Es wird aber wohl noch eine Weile vergehen, bis der ehemalige Polizeipräsident den Strafbefehl wegen seines mutmaßlichen schweren Fehlers bei der Räumung des Mittleren Schlossgartens am 30. September 2010 auch in Händen hält. Vor einem Spruch muss erst umfangreiches Aktenmaterial gesichtet werden. Wie zu hören ist, können dafür mehrere Wochen ins Land gehen. Auch die Höhe des Strafbefehls wird nicht genannt, da dies Stumpfs Persönlichkeitsrechte verletzten würde.

 

Trotz gefährlicher Wasserstöße nicht eingeschritten?

Die Staatsanwaltschaft wirft Stumpf vor, bei der völlig aus dem Ruder gelaufenen Räumung des Parks für den Bau des Bahnprojekts Stuttgart 21 die Verletzung von mindestens vier Projektgegnern mitverursacht zu haben, die sich den Wasserwerfern in den Weg gestellt hatten. Stumpf habe nicht darauf hingewirkt, dass die Besatzung der Fahrzeuge bei der Abgabe der harten Wasserstöße keine Köpfe treffe.

Als Polizeichef habe Stumpf bei dem Einsatz eine besondere Überwachungs- und Aufsichtspflicht gehabt, weil er den Einsatz der Wasserwerfer frei gegeben habe, so die Staatsanwaltschaft. Videoaufnahmen der Polizei belegten, dass Stumpf am frühen Nachmittag im Park gewesen ist und dabei Stöße eines Wasserwerfers auf eine Plane beobachtet habe, unter der sich S-21-Gegner befanden. Pflichtwidrig habe es Stumpf danach unterlassen, bei den Abschnittsleitern, dem Staffelführer der drei Fahrzeuge oder den Kommandanten der Wasserwerfer darauf hinzuwirken, dass bei der Wasserabgabe unter Druck keine Köpfe getroffen werden. Diese Ziele sind gemäß der Landespolizeidienstvorschrift verboten. Die unterlassene Anweisung durch Stumpf habe zur Folge gehabt, dass später weitere Wasserstöße abgegeben worden seien, die S-21-Gegner am Haupt trafen. Bei den im Strafbefehl aufgeführten Demonstranten handelt es sich um eine Frau und drei Männer, die aber nicht schwer verletzt wurden.

Stumpf und sein Rechtsbeistand geben keinen Kommentar

Gabriele L. hat dabei bereits als Nebenklägerin im Wasserwerferprozess gesessen. Dort wurde das Verfahren gegen zwei Abschnittsleiter der Polizei wegen der Geringfügigkeit der Schuld vor Kurzem gegen Geldauflagen eingestellt. Zuvor hatten drei Besatzungsmitglieder der Wasserwerfer Strafbefehle über Haftstrafen zur Bewährung und eine Geldstrafe akzeptiert.

Nach Informationen der StZ erwägt auch Stumpf, der kurz nach dem Polizeieinsatz aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt wurde, einen Strafbefehl anzunehmen. Der Ex-Polizeipräsident und sein Rechtsbeistand schweigen.