Die Grünen fordern, dass ein Oberstaatsanwalt von den Ermittlungen zum Polizeieinsatz abgezogen wird, weil der nicht unabhängig sei.

Stuttgart - Die Grünen-Fraktion im Landtag hält die Staatsanwaltschaft Stuttgart bei ihren Ermittlungen zum Polizeieinsatz im Schlossgarten für befangen. Der Abgeordnete Hans-Ulrich Sckerl bezieht sich dabei auf Interviewäußerungen des Oberstaatsanwalts Bernhard Häußler vom 11. Dezember 2010. Häußler hatte damals gesagt: "Vorläufig kann ich sagen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Einsatz insgesamt offensichtlich unrechtmäßig war. Auf der zweiten Ebene klären wir, ob sich einzelne Beamte falsch verhalten haben." Der Oberstaatsanwalt sprach aber "angesichts der hohen Zahl der Verletzten und der Schwere der Verletzungen" von einer "besonderen Situation". Der Verdacht, dass die Polizei versucht habe, Demonstranten aus den Bäumen zu vertreiben, sei jedoch ausgeräumt.

Der Grünen-Abgeordnete Sckerl hält diese Aussagen Häußlers wenigstens für voreilig, weil zu diesem Zeitpunkt die Ermittlungsverfahren gerade erst eingeleitet worden waren oder zumindest noch im vollen Gang waren. "Der zuständige Staatsanwalt erteilt Persilscheine ohne festgestellte Ermittlungsergebnisse und abgeschlossene Verfahren", moniert Sckerl. "Er ist offensichtlich befangen." Daher seien größte Zweifel angebracht, ob der Polizeieinsatz objektiv und sachgerecht überprüft werde. Denn am 21. Dezember habe der Oberstaatsanwalt in einem Schreiben an den Untersuchungsausschuss des Landtags mitgeteilt, dass die Ermittlungen noch andauerten. Aus dem Schreiben gehe hervor, dass die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes noch "zu gegebener Zeit" abschließend geklärt werden müsse, auch die Ermittlungen zum Einsatz der Wasserwerfer seien noch nicht beendet. Für den Grünen-Politiker Sckerl folgt aus den Vorwürfen, die Aufklärung des Polizeieinsatzes vom 30. September in die Verantwortung einer anderen Staatsanwaltschaft zu legen.

Das hält der Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger für ungerechtfertigt. "Anhaltspunkte dafür, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart die entsprechenden Ermittlungen nicht objektiv und sachgerecht führen könnte, bestehen nicht", schrieb er bereits am 22. Dezember in einer Verfügung. Auch Justizminister Ulrich Goll (FDP) sieht "weder Anlass noch Raum", auf die Entscheidung des Generalstaatsanwalts mittels einer externen Weisung des Justizministeriums Einfluss zu nehmen.

Die Grünen auf dem Holzweg?


Der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, Ulrich Müller, wies die Kritik an der Staatsanwaltschaft als haltlos zurück. Mit ihrem Vorstoß, Häußler wegen Befangenheit abzuberufen, befänden sich die Grünen sowohl parlamentarisch als auch rechtlich auf dem Holzweg. Müller fügte hinzu: "Man löst Rechtsprobleme der Widerstandshandlung, die sich rund um Stuttgart 21 ergeben haben, nicht, indem man haltlose Kritik an der Polizei und der Justiz übt." CDU-Landesgeneralsekretär Thomas Strobl sprach von einem "durchschaubaren Wahlkampfmanöver".

Im Untersuchungsausschuss war allerdings der Freiburger Verfassungsrechtler Ralf Poscher zu einem anderen Ergebnis gekommen als Oberstaatsanwalt Häußler in seinem Interview. Der von den Grünen als Sachverständiger bestellte Professor wertete den Widerstand im Schlossgarten als Spontanversammlung. In seiner Verfassungsexegese kam Poscher zu dem Ergebnis, dass die Anwendung des unmittelbaren Zwangs – also der Einsatz von Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstock – im juristischen Sinn zwar erforderlich war, um das Baufeld freizuräumen und den Beginn der Baumfällarbeiten zu ermöglichen.

Allerdings sei er nicht angemessen gewesen, wodurch der Polizeieinsatz unverhältnismäßig und damit rechtswidrig wurde. Poscher stellte sich gegen den von der CDU berufenen Sachverständigen, den Staatsrechtler Thomas Würtenberger. Dieser hatte den Begriff der verfassungsrechtlich geschützten Spontanversammlung zurückgewiesen und von einer rechtswidrigen Verhinderungsblockade gesprochen.