Streifendienst statt Schreibtisch: Das war ein Hauptziel der Polizeireform in Baden-Württemberg. Innenminister Gall (SPD) meldet jetzt Vollzug. Und die CDU sagt: Das ist unser Verdienst.

Stuttgart - Ein wichtiges Ziel der Polizeireform ist nach Auskunft von Innenminister Reinhold Gall (SPD) erreicht: sie bringt mehr Polizisten auf die Straßen. Zwei zusätzliche Stellen für jedes Polizeirevier – mit dieser Ansage hatte der Innenminister nach dem Regierungswechsel 2011 für die bisher größte Reform der Landespolizei geworben.

 

Nun meldet er Vollzug. Aus einer Aufstellung seines Hauses geht hervor: alle 146 Polizeireviere haben mindestens zwei zusätzliche Stellen zugewiesen bekommen, mehr als ein Drittel der Reviere sogar drei und mehr Stellen. Demnach wurden 28 Polizeireviere mit drei Stellen ausgestattet, 16 Reviere mit vier Stellen und sechs Reviere mit fünf Stellen.

Zielmarke übertroffen, meldet das Innenministerium

Gall räumt zwar ein, dass die neuen Streifenpolizisten zum Teil bisher nur auf dem Papier existieren. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis die Kräfte bereit stünden. Im Ganzen habe man mehr erreicht als erhofft. Der Zielwert von 292 zusätzlichen Planstellen wurde demnach um fast ein Drittel übertroffen. Bei den Polizeirevieren kamen 378,5 Stellen an, 86,5 mehr als ursprünglich in Aussicht gestellt worden waren.

Die neuen Stellen für die Polizeireviere werden aus der Zusammenlegung der bisherigen Landespolizeidirektionen mit den Polizeidirektionen in den Kreisen generiert. Eine namhafte Zahl von Planstellen in der Leitungsebene fallen weg, deren Inhaber müssen aber erst in Pension gehen, ehe sie für den Streifendienst frei werden. Deshalb bittet der Innenminister noch um Gedzuld.

Gall wusste bei seinem Amtsantritt, dass es schwer werden würde, angesichts der Haushaltslage zusätzliche Stellen für die Polizei zu bekommen. Also versuchte er, mittels einer Strukturreform, mehr Personal für den Streifendienst zu gewinnen. Allerdings war der Zuwachs bei den Polizeirevieren nur eines der Reformziele, wenn auch das in der Öffentlichkeit am leichtesten zu vermittelnde. Es ging auch darum, Personal und Geld für die Bekämpfung neuer Kriminalitätsbereiche zu schöpfen. Dazu zählt etwa die Internetkriminalität. Laut Innenministerium konnte die Zahl der Planstellen in den operativen Bereichen der zwölf regionalen Polizeipräsidien deutlich erhöht werden. Waren es vor der Reform (Oktober 2012) 18 401,5 Stellen, so ergaben sich nach der Reform (November 2014) 19 031 Stellen – ein Zuwachs von 629,5 Stellen.

CDU: Gall schmückt sich mit fremden Federn

Aus Sicht des CDU-Abgeordneten Thomas Blenke handelt es sich bei Galls Zahlenwerk allerdings um einen Etikettenschwindel. „Gall schmückt sich mit fremden Federn“, sagt Blenke. Dass mehr Personal bei den Revieren anlande, sei nicht der Polizeireform geschuldet, sondern dem 2008 von der CDU-geführten Landesregierung für die Jahre bis 2014 konzipierten Einstellungskorridor mit jährlich 800 Nachwuchspolizisten zu verdanken.

Das waren mehr, als für den Ausgleich der ausscheidenden Beamten nötig gewesen wären; das wurde aber gemacht, um sich für die Zeit der Pensionierungswelle bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Schulabsolventen zu wappnen. Laut Blenke kamen dank dieses Einstellungskorridors etwa 1200 Polizisten mehr in den Streifendienst, als dies die Stellenpläne hergegeben eigentlich hätten. Mit der Polizeireform habe das nichts zu tun.

Innenminister Gall widerspricht: Der Einstellungskorridor habe bei der Harmonisierung der Einstellungen geholfen, eine dauerhafte Verstärkung der Polizeireviere werde damit nicht erreicht. Im Gegenteil die alte Regierung habe Stellen wieder streichen wollen. Grün-Rot plant nun, die in der Finanzplanung als „künftig wegfallend“ markierten Stellen teilweise zu verstetigen. Das fordert auch Blenke.