Ein Besuch bei der Wohnungseinbruch-Streife des Polizeireviers Wolframstraße. Die Beamten wollen Bürger dafür sensibilisieren, wie sie Einbrüche verhindern können.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord/S-Mitte - Die offen stehende Garage weckt die Aufmerksamkeit von Ralf Perrey, Erster Polizeihauptkommissar, und Polizeihauptmeister Michael Schwämmle. Bei genauerem Hinsehen erkennen sie, dass es eine Verbindungstür zum Haus gibt. Als Perrey die Klinke nach unten drückt, öffnet sie sich. Die beiden Polizeibeamten stehen im Flur der Wohnung, gehen die Treppen hinauf. „Hallo? Hallo? Hier ist die Polizei!“ Niemand antwortet. Im ersten Stock sind Küche, Ess- und Wohnzimmer verlassen. Sind die Bewohner wirklich ausgegangen, ohne die Garagentür zu schließen? Perrey und Schwämmle klopfen an jede Tür, rufen – kein Erfolg. Im zweiten Stock des Hauses werden sie schließlich fündig: hinter der geschlossenen Tür des Arbeitszimmers sitzt der Hausherr vor dem Fernseher. Gehört hat er nichts. „Wer sind Sie denn?“, fragt er, erstaunt und etwas überrumpelt. Die Polizeibeamten stellen sich vor. „Was meinen Sie denn, wie wir ins Haus gekommen sind?“ fragt Perrey. Der ältere Mann kann sich keinen Reim darauf machen. Die beiden gehen mit ihm die Treppen hinunter, zeigen ihm die unverschlossene Tür, die Garage und Haus verbindet. „Wenn wir Einbrecher wären, hätten wir das Haus ausräumen können“, sagt Schwämmle. Der Hausherr hätte vermutlich noch nicht einmal etwas davon mitbekommen.

 

Ralf Perrey und Michael Schwämmle sind Beamte des Polizeireviers 2 Wolframstraße, das den Bezirk Nord, aber auch Teile des Bezirks Mitte, wie das Kerner- und das Gerichtsviertel, abdeckt. An diesem Tag sind sie auf Wohnungseinbruchs-Streife im Wohngebiet zwischen Heilbronner Straße und Weissenhof unterwegs. Diese besonderen Streifen sollen Einbrüche verhindern, aber ganz besonders die Anwohner aufmerksam machen, wie sie selbst Einbrüchen vorbeugen können. 2012 gab es 45 Wohnungseinbrüche im Bezirk Nord. „Also rund jeden achten Tag ein Einbruch, und jeder ist einer zu viel“, sagt Ralf Perrey. Die Zahlen für 2013 liegen zwar noch nicht vor, aber Perrey rechnet mit einem Anstieg. „Die Tendenz dazu haben wir schon im September gesehen.“

Täter suchen nach Gelegenheiten

Seit November, dem Beginn der dunklen Jahreszeit, werden deshalb die Wohnungseinbruchs-Streifen gefahren, jeden Tag zwei Streifen, jeden Tag in der Zeit zwischen 14 und 20 Uhr, sagt Perrey. „Das ist eine enorme Personalbelastung, weil die Kollegen auch noch die normale Streife fahren. Bis Ende Februar werden wir das aber auf jeden Fall weiterführen.“ Auch Volker Weinstock, der Leiter des Reviers Wolframstraße, liegt die Einbruchsprävention am Herzen. „Die meisten Einbrecher suchen nach einer Tatgelegenheit., also nach offenen Türen oder Fenstern. Schnell rein, schnell raus – die wollen keine Konfrontation.“ Was zugänglich sei und offen da liege, werde mitgenommen: Bargeld, Schmuck, Laptops, Handys. Im Wohngebiet fahren Perrey und Schwämmle im Schritttempo die Straßen entlang, überprüfen Fenster und Türen. Steht im Erdgeschoss ein Fenster offen oder gekippt, werfen sie eine Postkarte oder einen Flyer der Polizei ein, der darauf hinweist, wie gefährlich das sein kann.

Vor einem Haus, das gerade im Umbau zu sein scheint, steht ein junger Mann und raucht. Perrey und Schwämmle steigen aus, Perrey fragt: „Wohnen Sie hier? Haben Sie einen Schlüssel zum Haus?“ Der Mann bejaht die Fragen, zeigt den Schlüssel vor. Als eine Frau mit einem Baby auf dem Arm aus dem Haus kommt, klärt sich auf, dass der Mann vor der Tür eine Zigarette geraucht und auf seine Familie gewartet hat. Perrey und Schwämmle steigen ins Auto. Die Streife geht weiter.

Auf Fremde achten

„Es kann auch sein, dass wir ein Fahrzeug bemerken, das verdächtig aussieht“, erzählt Ralf Perrey. „Wenn das Fahrzeug abgeschlossen ist und niemand daneben steht, kann man wenig machen. Aber wir notieren uns Kennzeichen und andere Merkmale.“ Das wird an die Koordinierungsstelle für Einbruch gemeldet, von dort werden auch die Streifenrouten festgelegt. „Sieht dann ein anderer Kollege das gleiche Fahrzeug an einem anderen Ort und meldet das ebenfalls, haben wir schon ein Bewegungsbild“, erklärt Perrey. Und er appelliert auch an die Anwohner: „Man sollte immer auf Fremde achten, die man im Wohngebiet noch nicht gesehen hat. Das ist der wichtigste Tipp, den wir geben können – und dann gleich die Polizei anrufen, nicht erst zwei Stunden später, wenn die verdächtigen Personen schon wieder weg sind.“ Er betont: „Wir kommen gerne, und mir ist es lieber, die Leute rufen zehnmal umsonst an, als einmal nicht, wenn es darauf angekommen wäre.“

Der Hausherr mit der offenen Garagentür bedankt sich überschwänglich bei den beiden Polizeibeamten. „Das ist toll, dass Sie so was machen.“ Während die beiden ins Auto steigen, macht er sich daran, das Garagentor herunterzulassen. „Man kann nur hoffen, dass er künftig daran denkt“, sagt Ralf Perrey.

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