Der Berliner Anwalt Martin Weimann stellt bohrende Fragen zu den strafrechtlichen Ermittlungen. Er kann damit jedoch bei dem Aktionärstreffen in der Leipziger Messehalle keine Welle des Protests auslösen.

Stuttgart - Die Hauptversammlung der Porsche Automobil Holding lief gerade seit einer Stunde, da startete Martin Weimann einen Frontalangriff. Vor dem Beginn der Generaldebatte forderte der Berliner Anwalt die Ablösung von Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche als Versammlungsleiter. Der Grund: die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Aufsichtsratschef sowie weitere Mitglieder des Kontrollgremiums. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat im Februar sämtliche Aufsichtsräte ins Visier genommen, die zwischen März und Oktober 2008 dem Kontrollgremium angehörten. Ein Ergebnis der Ermittlungen ist bisher nicht in Sicht.

 

Die Behörde prüft, ob die Aufsichtsräte Beihilfe zur Manipulation des Handels mit VW-Aktien im Übernahmekampf um Volkswagen geleistet haben. Gegen den früheren Vorstandschef Wendelin Wiedeking sowie den ehemaligen Finanzvorstand Holger Härter hat die Staatsanwaltschaft in dieser Sache bereits Anklage erhoben.

Wolfgang Porsche betont, dass er Vorwürfe für unbegründet hält

In den Unterlagen, die er für die Hauptversammlung erhalten habe, finde er keinen Hinweis auf diese strafrechtlichen Ermittlungen, kritisierte Weimann. Der Berliner Anwalt wollte Details wissen, wie der Stand der Ermittlungen sei und welcher Anwalt den Aufsichtsratschef in dieser Sache vertrete. Wolfgang Porsche betonte, dass er sämtliche Vorwürfe für unbegründet halte, dass derzeit die Äußerungsfrist laufe und nannte nach anfänglichem Zögern auch den Namen seines Rechtsvertreters. Es ist der renommierte Berliner Anwalt Daniel M. Krause. Er sehe sich zwar nicht dazu verpflichtet den Namen zu nennen, sagte Porsche, „ich habe es aber trotzdem gesagt“.

Dieses Entgegenkommen dürfte damit zusammenhängen, dass Wolfgang Porsche mit größter Vorsicht jeden Ansatzpunkt für eine juristische Anfechtungsklage wegen einer Verweigerung von Auskünften vermeiden wollte. Die Aufsichtsräte der Porsche Holding wissen, dass die Attacken von Martin Weimann gefährlich sein können, obwohl er in der Hauptversammlung von vornherein keine Chance mit seinem Abwahlantrag hatte. Denn sämtliche stimmberechtigten Stammaktien liegen bei den Porsches und Piëchs sowie dem Emirat Katar. Die anderen Aktionäre haben Vorzugsaktien, dürfen reden, aber nicht mitstimmen.

Doch vor Gericht hat Weimann gegen den Aufsichtsrat und insbesondere gegen Ferdinand Piëch, im vergangenen Jahr einen spektakulären juristischen Sieg errungen. Das Oberlandesgericht Stuttgart kippte die Entlastung des Porsche-Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2008/09 und urteilte, dass Ferdinand Piëch seine Pflichten als Aufsichtsrat bei der Übernahmeschlacht mit VW schwerwiegend verletzt habe. Piëch habe sich nicht ausreichend um Informationen über die Risiken der Optionsgeschäfte bemüht, mit deren Hilfe Wiedeking und Härter VW erobern wollten. Piëch hätte die beiden Manager stoppen müssen.

Nur etwa 800 Aktionäre waren nach Leipzig gekommen

Weimann wiederholte und erweiterte seine zum Teil in scharfem Ton vorgetragene Kritik an Wolfgang Porsche und den anderen Aufsichtsräten in der Generaldebatte, sprach sich nachdrücklich gegen eine Entlastung der Aufsichtsräte aus, schob immer wieder Fragen nach, konnte damit jedoch die Stimmung in der grauen und kühlen Messehalle nicht anheizen. Wolfgang Porsche blieb trotz dieser fortgesetzten Attacken ruhig, beantwortete geduldig die Fragen und erhielt Beifall, als die von Weimann geforderte Abwahl als Versammlungsleiter gescheitert war. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, wies darauf hin, dass auch für den Aufsichtsrat zunächst einmal die generelle Unschuldsvermutung gelte.

Ohnehin waren nur etwa 800 Aktionäre nach Leipzig gekommen, viel weniger als normalerweise zu Hauptversammlungen nach Stuttgart kommen. Überwiegend unterstützten die Redner den eingeschlagenen Kurs des „integrierten Automobilkonzerns“ aus VW und Porsche.

Die geringe Präsenz der Kleinaktionäre in Leipzig mag auch damit zusammenhängen, dass die Porsche Automobil Holding im vergangenen Jahr auch die zweite Hälfte des Autobauers Porsche an VW verkauft hat. Sie hat sich damit noch weiter von ihren Wurzeln entfernt, hält weiter eine knappe Mehrheit der Stammaktien des Autokonzerns VW und hat nach dem vollständigen Verkauf des Autobauers nun etliche Milliarden in der Kasse, die in Beteiligungen „entlang der automobilen Wertschöpfungskette investiert werden sollen“, wie es vage heißt.

Etliche Aktionäre bedauerten den vollständigen Abschied vom Autobauer Porsche. Sie fragten jedoch vergeblich danach, wofür das Geld, das die Holding für den Verkauf der Nobelmarke erhalten hat, nun konkret verwendet werden soll. Martin Winterkorn, der in Personalunion Chef von VW und der Porsche Holding ist, nannte als mögliche Beteiligungen lediglich allgemein Unternehmen im In- und Ausland, die im Bereich neue Antriebskonzepte und Werkstoffe tätig sind oder Technologien für Fahrzeugsicherheit und die Vernetzung von Autos anbieten.

Winterkorn: Einige positive Signale bei juristischen Streits

Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch wiederum wollte keinen Hinweis geben, ob später einmal die zunächst gescheiterte Verschmelzung der Porsche Holding mit VW erneut in Angriff genommen werden könnte und die Porsche-Aktionäre damit zu VW-Aktionären werden. Pötsch sagte lediglich sybillinisch, dass es derzeit keine Regelung gebe, die eine spätere Verschmelzung ausschließe.

Solange der Porsche Holding jedoch Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe drohen, dürfte es nach allgemeiner Einschätzung jedoch keinen neuen Anlauf für eine Verschmelzung geben. In den USA, in Großbritannien und in Deutschland, laufen zahlreiche Verfahren von Anlegern, die in der gescheiterten Übernahmeschlacht viel Geld verloren haben und sich getäuscht fühlen.

Vorstandschef Winterkorn wies darauf hin, dass es bei diesen vielfältigen juristischen Auseinandersetzungen in letzter Zeit einige positive Signale gegeben habe. Wie zur Bestätigung zogen weitere Hedgefonds am Tag der Hauptversammlung ihre Berufung vor einem amerikanischen Gericht zurück. Winterkorn betonte, dass die Porsche SE sämtliche noch anhängigen Klagen für unbegründet halte. Die Porsche SE habe sich nach der Entschuldung zu einer finanzstarken Holding entwickelt und stehe ausgezeichnet da, sagte Winterkorn.