Anke Huber spricht vor dem Auftakt des Porsche Tennis Grand-Prix über ihre Aufgaben als Sportdirektorin des Stuttgarter WTA-Turniers und die Vorlieben der Spielerinnen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)
Stuttgart – - Die Aktiven haben Stuttgart im Vorjahr zum beliebtesten Turnier auf der Tour gewählt – und auch diesmal bietet der Porsche Grand-Prix Frauentennis auf gehobenem Grand-Slam-Niveau. Neun Spielerinnen aus den Top Ten sind von nächsten Montag an dabei. Anke Huber erwartet dann auch einiges von den deutschen Profis. „Das Niveau war zu meiner Zeit hierzulande nicht besser“, sagt die Sportliche Leiterin des Turniers, „mit dem Unterschied, dass wir in Steffi Graf noch eine absolute Ausnahmeathletin hatten.“
Frau Huber, was überwiegt im Organisationsteam so kurz vor dem Turnierstart – die Freude oder die Anspannung?
Natürlich sind die zwei Wochen vor dem Turnierstart sowie die Tage während des Events sehr stressig. Aber es macht mir vor allem sehr viel Spaß. Ich habe 2001 bereits mit 27 Jahren als Spielerin aufgehört, weil ich einfach nicht mehr wollte, und mir auch die ganze Reiserei zu viel war. Jetzt bin ich total glücklich als zweifache Mutter, verfolge das Tennis intensiv, habe aber einen gesunden Abstand – und setzte mir meine sportlichen Höhepunkte ganz bewusst. Dazu zählt neben einem Golfturnier, das ich auch noch organisiere, vor allem das Tennisturnier von Stuttgart.
Was zählt hier zu den Aufgaben einer Sportlichen Leiterin?
Zunächst gilt es, die Spielpläne für die einzelnen Tage zu erstellen, und den organisatorischen Kontakt zum Weltverband WTA zu halten. Denn die Spielerinnen haben nach WTA-Reglement einige Termine mit Presse, Vips und Sponsoren außerhalb des Platzes zu erfüllen. Das gilt es ebenfalls zu koordinieren. Während des Turniers steht dann hauptsächlich das Wohlbefinden der Spielerinnen im Fokus.
Sind die Ansprüche der aktuellen Generation eigentlich im Vergleich zu Ihrer aktiven Zeit in den Neunzigern gestiegen?
Nein, denn beim Umsorgen der Spielerinnen befinden wir uns schon seit Jahren auf einem sehr gehobenen Level – da gibt es nicht mehr viel zu steigern. Aber die so genannten „Side-Events“, also die Aktivitäten mit den Aktiven im Rahmenprogramm des Turniers, die werden von Jahr zu Jahr mehr. Das geht von der Vorstellung der Spielerinnen am Montag auf dem Court über eine Fragerunde im Vip-Bereich und diverse Fotoshootings bis hin zu einem Fahrtraining auf der Porsche-Teststrecke in Weissach. Da muss ich die Spielerinnen anfragen und manchmal auch überzeugen, mitzumachen. Denn für jedes Event brauche ich ja einige von ihnen.
Alles in allem scheinen Sie ein gutes Gespür zu haben, denn Stuttgart wurde im Vorjahr zum sechsten Mal von den Aktiven zum beliebtesten Turnier auf der Tour gewählt. Was haben Sie den anderen voraus?
Wir haben hier zunächst mal einen perfekten Standort, mit Hotel und Halle direkt nebeneinander. Diese kurzen Wege wissen die Spielerinnen zu schätzen, das ist einfach und bequem. Dazu bieten wir neben gutem Essen, das von allen gelobt wird, als Sandplatzevent die perfekte Vorbereitung auf den Grand Slam von Paris, der Mitte Mai beginnt. Es gibt kleine Aufmerksamkeiten wie die Möglichkeit, sich einen Porsche auszuleihen. Ganz wichtig ist dabei das familiäre Flair des Turniers, sei es in der Umkleide oder auf dem Trainingsplatz, wo meist dieselben Personen arbeiten. Dabei versuche ich, der erste Ansprechpartner zu sein. Einige Spielerinnen kenne ich noch aus meiner Zeit, andere sind neu auf der Tour – denen muss ich mich auch erst einmal vorstellen.
Sportlich läuft es ebenfalls glatt. Immerhin haben 15 Spielerinnen aus den Top 20 in Stuttgart gemeldet. Wie schwer wiegt es da, dass in Serena Williams ausgerechnet die Nummer eins nicht kommt?
Natürlich hören wir immer mal wieder: Warum fehlt gerade die Serena Williams? Aber wir kennen ihre Gründe. Es ist nicht etwa so, dass sie unser Turnier nicht mag, sondern es passt einfach nicht in ihren Saisonplan. Das muss man akzeptieren, denn mit inzwischen 33 Jahren muss Serena auch auf ihren Körper schauen. Das verstehen vor allem diejenigen gut, die wie ich mal selbst auf der Tour gespielt haben. Serena wählt außerhalb der Grand Slams wenige Turniere aus. Vor den French Open spielt sie – wenn überhaupt – das Turnier in Madrid, das erst Anfang Mai beginnt, und danach in Rom. Stuttgart kommt ihr für die Europa-Tournee zu früh.
Wer ist abgesehen von den deutschen Spielerinnen Ihr persönliches Highlight im diesjährigen Starterfeld?
Maria Scharapowa hat bei uns zuletzt dreimal in Folge gewonnen – und ist immer ein Erlebnis. Daneben freue ich mich auf die Kanadierin Eugenie Bouchard, die zum ersten Mal dabei ist. Sie stand 2014 im Wimbledonfinale, ist ein frisches Gesicht, eine hübsche Spielerin, die sich in den Medien auch gut vermarktet. Auf ihren Auftritt freuen wir uns alle.
Das Quartett Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Angelique Kerber und Julia Görges hat das deutsche Frauentennis wieder in der Spitze etabliert. Was fehlt zum ganz großen Wurf, also zu einem Grand-Slam-Sieg?
Wir haben sehr gute deutsche Spielerinnen, das sollten wir erst einmal festhalten. Die Angie Kerber etwa war vier Jahre in den Top Ten, davon zwei Jahre in den Top fünf der Welt, sie hat alle großen Spielerinnen geschlagen – das ist nicht zu unterschätzen. Andrea Petkovic spielt wieder ganz vorne mit und Sabine Lisicki ist zwar zuletzt nicht immer konstant genug gewesen, aber vom Spielerischen her fehlt bei ihr wahrscheinlich am wenigsten. Gerade auf schnellen Belägen ist die Sabine immer für einen Turniersieg gut, auch bei einem Grand Slam.
Das bedeutet, Sie trauern den alten Zeiten nicht nach?
Wir haben gute Mädels. Das Niveau war hierzulande zu meiner Zeit, als Tennis in ARD und ZDF zur besten Sendezeit live gezeigt wurde, nicht besser. Mit dem einzigen Unterschied, dass wir mit der Steffi (Graf, Anm. d. Red.) zusätzlich noch eine absolute Ausnahmeathletin hatten. Das darf man nie vergessen.
Trotzdem zeigt der mediale Rummel von 2013, als Sabine Lisicki im Wimbledon-Finale stand, dass ein Sprung an die absolute Spitze des Welttennis dem deutschen Frauentennis guttun würde.
Natürlich ist es ein Vorteil, wenn unsere Spielerinnen gut abschneiden. Wenn man einen absoluten Superstar hat, dann wird stets mehr gesendet. Das war beim Skispringen so, beim Biathlon – und wäre auch beim Tennis der Fall. Wenn die Deutschen vorne sind, dann sind auch die Fernsehsender dabei. Aber das Interesse wird niemals mehr so groß sein, wie es zu den Zeiten mit Boris Becker und Steffi Graf war. Diese Phase ist endgültig vorbei. Es war ja auch zu viel: quasi jeden Tag wurden vier Stunden Tennis gezeigt – das hatten die Leuten dann irgendwann mal satt.
Unmittelbar vor dem Stuttgarter Turnier tritt Deutschland an diesem Wochenende im Halbfinale des Fedcups in Russland an. Wie gehen Sie damit um?
Die Partie macht mir keine derart großen Sorgen wie das Halbfinale aus dem Vorjahr, als das deutsche Team direkt vor Stuttgart in Brisbane gegen Australien antreten musste. Die aktuelle Partie in Sotschi wird wie bei uns auf Sand gespielt, die Umstellung fällt also nicht schwer. Außerdem sind alle Spielerinnen spätestens am Montag in Stuttgart. Maria Scharapowa, die ja für ursrünglich für Russland antreten wollte, hat nun abgesagt. Sie will eine Verletzung auskurieren, um fit für ihr erstes Match am Donnerstag bei uns zu sein.
Glauben Sie, dass Deutschland wie im Vorjahr den Sprung ins Fedcupfinale schaffen wird?
Ich denke, die Chancen stehen gut. Die Mädels haben alle gut gespielt: Lisicki in Key Biscayne und Indian Wells, Petkovic und Kerber in Charleston, wo die Angie gewonnen hat. Daher wird es schon allein interessant sein, zu beobachten, wen die Teamchefin Barbara Rittner spielen lässt. Dagegen muss Russland nun auf Maria verzichten. Daher glaube ich, dass das deutsche Team die Partie gewinnen kann.