Nach der Sommerpause beginnt der letzte große Abschnitt vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017. Zeit für einen Form-Check der Parteien. Trotz der ständigen Querelen an der Spitze hat die AfD gute Chancen, im nächsten Jahr in den Bundestag einzuziehen.

BerlinBerlin Sommerpause im politischen Berlin. Der übliche wuselige Parteienbetrieb ruht. Aber es ist die Ruhe vor dem Sturm: Nach dem kleinen Atemholen beginnt der letzte große Abschnitt vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017. Für uns ist das die Gelegenheit zu einem Form-Check der Parteien. - Ausgangslage: Drei Jahre nach ihrer Gründung hat die Alternative für Deutschland (AfD) viel erreicht. Die Partei war wegen der Kritik gegen den Eurorettungspolitik wenige Monate vor der Bundestagswahl 2013 gegründet worden. Den Einzug in das Reichstagsgebäude verpasste die AfD damals knapp. Das hielt sie aber nicht auf. Lagen die Hochburg der Protestpartei in der Anfangszeit vor allem in Ostdeutschland, hat sie es inzwischen auch den Sprung in westliche Landesparlamente geschafft. Die Partei ist im Europaparlament und in acht Landtagen vertreten. Bei den letzten Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt erreichte sie zweistellige Ergebnisse. Bei den Wählern konnten die Rechtspopulisten mit der Kritik an der Flüchtlingspolitik punkten. Zu den Erfolgen trug bei, dass die Spitzenkandidaten im Südwesten moderat auftreten. Der seit Monaten andauernde Streit in der Führungsspitze hat die Erfolgsserie gebremst. In Meinungsumfragen verlor die AfD an Zustimmung.

 

Die AfD will die Stimmung aufnehmen

Strategie: Während zu Beginn die Kritik am Euro und der europäischen Rettungspolitik im Vordergrund stand, verschoben sich die Schwerpunkte zu Asyl und Flüchtlingspolitik. Die AfD ist mit dem Anspruch aufgetreten, die Stimmung in der Bevölkerung aufzunehmen und zur Grundlage politischen Handelns zu machen. Das erweist sich als Erfolgskonzept: In Ostdeutschland machte die AfD zum Beispiel früh die hohen Einbruchzahlen und die mangelnde Präsenz der Polizei zum Thema. Die Partei versteht sich als Kraft, die Missstände aufgreift und benennt. Um in der Öffentlichkeit aufzufallen, sucht die AfD die Zuspitzung. Auf diese Weise kommt die AfD oft in den Medien vor: etwa mit ihrer Aussage, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Vor fremdenfeindlichen Parolen schreckt die AfD nicht zurück. Provokationen, die später relativiert werden, gehören zu ihren Stilmitteln.

Spitzenkandidat: Die junge Partei ist mit dem Anspruch angetreten, besser zu sein als die Etablierten. Für die Führungskultur gilt das nicht. Im vergangenen Jahr kam es zur Spaltung, der frühere Frontmann Bernd Lucke gründete mit einigen Getreuen eine andere Partei. Auch nach Luckes Abgang ist der Bundesvorstand tief zerstritten. Die Vorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen bekämpfen sich gegenseitig. Petry hat im Bundesvorstand viele Widersacher. Sie bewies bisher erstaunliches Beharrungsvermögen. Petry will Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl 2017 werden. Ihre Gegner in der Führung versuchen, eine Doppelspitze ins Rennen zu schicken. Petry hat gute Chancen, sich gegen ihre Widersacher Meuthen, Alexander Gauland (Brandenburg) und Björn Höcke (Thüringen) durchzusetzen. Die sächsische Landeschefin hat es durch emsige Arbeit geschafft, sich in allen Landesverbänden bekannt zu machen. Sie ist in der Öffentlichkeit das Gesicht der Partei.

Partei hat keine klare Machtperspektive

Machtperspektive: Die AfD wird so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden. Der Anspruch, eine Volkspartei zu werden, ist jedoch unrealistisch. Programmatisch ist unklar, in welche Richtung sich die Partei bewegt. Das hält Protestwähler nicht davon ab, AfD zu wählen. Bisher fehlt der AfD aber eine Machtperspektive. In der Führung ist umstritten, wie schnell sich die neue Kraft an Regierungen beteiligt. Mit ihrer Arbeit als Opposition in den Parlamenten fällt die AfD wenig auf. Skandale wie in Baden-Württemberg wirken eher abschreckend.

Aufsteiger/Absteiger: Der Baden-Württemberger Jörg Meuthen manövrierte sich wegen der Spaltung des Landesverbands ins Abseits. An Einfluss gewonnen hat der brandenburgische Landeschef Alexander Gauland, der wohl in den Bundestag einziehen will. Er gilt als kenntnisreicher Außenpolitiker der AfD. In der Deckung blieb die Baden-Württembergerin Alice Weidel, die dem Bundesvorstand angehört. Ihr wird in der Partei viel zugetraut.