Stephan Fanderl soll die Warenhauskette Karstadt wieder auf Kurs bringen. Seine Erfahrung spricht für ihn. Er hat schon in der Vergangenheit offen über nötige Sparmaßnahmen gesprochen.

Essen - Stephan Fanderl wird neuer Chef von Karstadt. Für die Beschäftigten ist diese Nachricht gut und schlecht zugleich. Sie können hoffen, dass Karstadt weiterleben wird. Fanderl, 51, ist einer, der sich im hart umkämpften deutschen Einzelhandel bestens auskennt, und zwar von klein auf. Er stammt aus einer Familie von Einzelhändlern, die seit Generationen in Ingolstadt ansässig ist. Sein Vater ist selbstständiger Edeka-Händler, und er lernte bei ihm Einzelhandelskaufmann, strebte aber schon immer nach Höherem.

 

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre machte Fanderl zunächst Karriere beim Handelsriesen Metro, für den er das Auslandsgeschäft vorantrieb. Später holte ihn sein alter Studienkollege Ernst Dieter Berninghaus zu Rewe. Nach einigen Jahren übernahm Fanderl als Vorstandsmitglied die Verantwortung für die Supermärkte, kam aber erst in das Spitzengremium, als das Gerücht auftauchte, er wolle zu Edeka wechseln. In den anschließenden Turbulenzen um Chefwechsel und Vorstandsumbauten bei Rewe konnte er sich nur ein Jahr in Köln halten.

Ein alter Studienfreund vermittelt den Kontakt zu Benko

Dann sollte er für Wal-Mart ins Russlandgeschäft einsteigen, was sich aber zerschlug. Stattdessen beriet er den Schweizer Discounter Denner, wo er wieder auf Berninghaus traf. Über ihn bekam er Kontakt zum österreichischen Immobilienentwickler René Benko, als der Karstadt vom gescheiterten Hoffnungsträger Nicolas Berggruen übernommen hatte.

Fanderl wurde als Vorsitzender des Aufsichtsrates oberster Kontrolleur von Karstadt. Nun übernimmt er die Leitung des operativen Geschäfts. Die Beschäftigten bekommen einen Chef, der mehr vom deutschen Handelsgeschäft versteht als seine Vorgänger, der Brite Andrew Jennings und die Schwedin Eva-Lotta Sjö-stedt. Und vermutlich auch mehr als Thomas Middelhoff, der Karstadt vor Jahren für die Quelle-Erbin Madelaine Schickedanz retten sollte. Auch er war zunächst Vorsitzender des Aufsichtsrates und danach Vorstandsvorsitzender. Als er Karstadt verließ, hieß der Konzern Arcandor und brach auseinander. Sein Nachfolger Karl-Gerhard Eick meldete Insolvenz an. Quelle ist abgewickelt, die kleinen Karstadt-Häuser verkauft. Unter dem Traditionsnamen Hertie konnten sie nur ein paar Jahre überleben. Der Rest ist inzwischen aufgeteilt in die Premium-Häuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München, die Sporthäuser und die verbliebenen 83 Karstadt-Warenhäuser.

Fanderl analysiert die schlechte Lage schonungslos

Um Letztere ist es schlecht bestellt. Einige Häuser sind renoviert worden, doch die meisten leiden unter Investitionsstau. Das Sortiment spricht die Kunden immer weniger an. Karstadt schreibt rote Zahlen und hat kein Geld, für dringend nötige Investitionen. Fanderl hat die Lage schon im Juli schonungslos analysiert. Er machte mehr als 20 Warenhäuser aus, die hoch unprofitabel arbeiten. Die Verwaltung in Essen fand er zu groß und zu wenig effizient. Weitere Belastungen entdeckte er in der Warenlogistik. Er riet Karstadt, eine neue Balance zwischen Überlebensfähigkeit und Sozialverträglichkeit zu finden.

Für die 17 000 Beschäftigten heißt das, dass ihre Zahl kleiner wird und die übrigen den Gürtel noch enger schnallen müssen. Das ist die schlechte Nachricht für die Belegschaft. Es reicht nicht, dass die Karstadt-Mitarbeiter in den vergangenen zehn Jahren auf Lohnerhöhungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet und so rund 700 Millionen Euro zur Sanierung von Karstadt beigetragen haben. Fanderl wird ihnen mehr abverlangen. Trotzdem ist er die letzte Hoffnung für Karstadt.