Sie hat die gefährlichsten Orte der Welt bereist. Ab und zu kommt die Reporterin und Buchautorin Gabriele Riedle nach Stuttgart zurück. Daheim aber ist sie in der Sprache, hat sie der StZ-Autorin Annette Schwesig erzählt.

Reise: Annette Schwesig (apf)

Stuttgart - Gerade eben ist sie aus Myanmar zurückgekehrt. Monsun und unglaubliche Hitze haben ihr zugesetzt. Gefahr für Leib und Leben bestand zudem. Die Reisen, die Gabriele Riedle unternimmt, sind nie Spaziergänge: Nigeria, Darfur, Libyen, Haiti, Bangkok, der Kaukasus. Doch irgendwie kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihre Ziele sie immer weiter wegführen, exotischer, heißer, gefährlicher werden. „Oh ja, meine Reisen haben Suchtpotenzial“, sagt Riedle. Die vielfach ausgezeichnete Reporterin hat es noch nie dahin gezogen, wo es einfach nur schön ist und friedlich. Gabriele Riedle, entspannt am Strand von Mallorca Sonnenuntergänge beobachtend: absolut unvorstellbar. Das sind nicht die Orte, die sie reizen. „Meine Arbeit ist schmutzig, gefährlich, Energie raubend, aber ich kann mir nichts anderes vorstellen. Ich hab mir das alles selber ausgesucht. Ich kann kein anderes Leben führen“, sagt sie.

 

Diese Frau ist immer gleich mittendrin

Die 1958 in Stuttgart geborene Autorin ist das Gegenteil einer distanzierten Betrachterin. Egal, wo sie hinkommt, sie ist immer gleich mittendrin, baut sofort eine Beziehung auf, ist verführbar von Menschen und ihren Geschichten. „Ich habe eine große Bereitschaft, offen zu sein. Mich interessieren Konflikte, deswegen reise ist so gern in extreme Krisenregionen.“ Wenn sie in einem Konfliktgebiet ist, dann versucht sie, diesen Konflikt „auseinanderzufummeln“. „Ich will verstehen“, sagt Riedle. Und obwohl es sie an immer gefährlichere Orte zieht, mitten hinein in unlösbare, oft sogar kriegerische Konflikte, spürt sie keinerlei Abstumpfung. Und tatsächlich ist Riedle von einer fast einschüchternden Präsenz und Lebendigkeit. Wenn es nicht so altbacken klänge, würde man sagen: sie ist eine Frau mit Temperament. Riedle gehört zu den Menschen, die man gleich bemerkt, wenn sie den Raum betreten. Ihre Selbstsicherheit ist echt, weil gewachsen, ihr Gesicht klug und schön und ihr Lachen so glucksend, dass es nahezu unmöglich ist, sie zu überhören. Die langen dunklen Haare kann sie schütteln wie ein Tier sein Fell. Und ihrem ebenso schweren wie elastischen Gang sieht man an, dass Riedle schon durch unwegsameres Gelände gestreift ist als durch ein Café in Stuttgart-Mitte.