Lebensbilder: Gisela Saile ist seit einem Jahr neu beim Kunstverein Kultur am Kelterberg. Sie erschafft Werke aus den verschiedensten Materialen von antiken Besteck, über Dosen bis hin zu alten Autospiegeln ist alles dabei.

Möhringen/Vaihingen - Ich bin im eigentlichen Sinne keine Künstlerin“, sagt die Möhringerin Gisela Saile, die Anfang 2014 neu zum Vaihinger Kunstkreis Kultur am Kelterberg in Vaihingen gekommen ist. Die Autodidaktin hat sich einen Namen mit Materialcollagen gemacht, zu denen sie zufällige Funde zusammensetzt. Seitdem eine ihrer Arbeiten von unabhängigen Juroren für eine Mitgliederausstellung in der Galerie am Kelterberg ausgewählt wurde, setzt sie ihren künstlerischen Weg mit mehr Selbstvertrauen fort.

 

Angefangen hat alles vor 15 Jahren mit einer Begeisterung

Materialbilder sind ihrer Meinung nach in der Kunstszene nicht hoch angesehen. Doch die Schmuckstücke, die sie aus ihren Zufallsfunden macht, zieren nicht nur die Wände ihres eigenen Hauses. Eine erste Arbeit mit dem Titel „Blüte“, ein alter Tischtennisschläger, der silbern eingefärbt wurde, hat sie bereits verkauft.

„Ich bin zwar handwerklich ganz geschickt, doch es fehlt mir an kreativen Ideen“, sagt die Künstlerin selbstkritisch. Zur Materialkunst kam sie, als sie vor etwa 15 Jahren eine Arbeit der Möhringer Bezirksrätin Gisela Abt sah, die bei Heinz E. Hirscher, dem zeitweiligen „Collagenpapst“, studiert hatte. „So etwas will ich auch machen“, sagte sich Saile: das Baumbild, das diese aus einer Fahrradkette gemacht hat, ziert heute ihr Esszimmer.

Die Frau mit dem Sinn für Skurriles

Beruflich hatte die Slawistin und Dolmetscherin eher mit Sprachen zu tun. Während der Familienphase und später, als Mutter und Schwiegermutter pflegebedürftig waren, beschäftigte sie sich kaum noch mit bildender Kunst. Nach dieser Zwangspause entdeckte Gisela Saile vor etwas mehr als einem Jahr ihre Leidenschaft neu und fand es hilfreich, dass man das Sammeln und Zusammenstellen im Gegensatz zur Malerei nicht verlernen kann. „Materialkunst, das ist etwas, was man überhaupt nicht lernen kann“, sagt Saile: Sie spielt mit ihren Fundstücken, legt sie mal so, mal so zusammen. „Und irgendwann ergibt es ein Bild.“

So kramte sie die Kartons mit Fundstücken wieder hervor, die alle Entrümpelungsaktionen der Familie überlebt hatten, und machte sich an die Arbeit: alte Blechdosen, antikes Besteck, zerbrochenes Geschirr, Strandgut aus Sylt oder Erinnerungen an Reisen auf die italienische Insel Ischia werden neu kombiniert. „Ein abgefahrener Seitenspiegel ist für mich geradezu ein Schatz. Dieses Hobby ist nicht sehr ordnungsfördernd“, sagt Gisela Saile amüsiert über den „Kruscht“, der bei ihr lagert. So entstehen Arbeiten wie die „Schwangere Auster“ oder der Engel, dessen Flügel aus den Scherben eines Tellers bestehen. Für ihren „Manitou“ hat ihr eine Freundin Stoffstreifen mitgebracht, das „Krokodil“ hinter Metall-Gittern ist vermutlich ein Stück Granate. „Ich habe einen Sinn für Skurriles“, erklärt Saile. Anders als bei ihren malenden Kollegen geht sie nicht von einem Thema aus, die Titel entstehen meist erst, wenn alles fertig ist.

Was aus ihren Werken wird hängt vom Material ab

Zu Kultur am Kelterberg kam sie eher zufällig, als sie gefragt wurde, ob sie sich mit ihrem „Märchenschloss“ nicht an einer Ausstellung beteiligen wolle. Dieses Schloss besteht unter anderem aus alten Metallteilen, einer Strickliesl, dem Mundstück einer Trompete und schmückendem Beiwerk wie einem kleinen Hund und einem Bild des bayerischen König Ludwigs. „Bis dahin kannte ich den Kelterberg gar nicht“, gesteht Saile, für die der Kunstkreis Möhringen, in dem es vorrangig um Malerei geht, nicht recht passte. Aufgrund einer Schulter-Operation musste sie eine Weile pausieren, doch bei der jüngsten Ausstellung mit Arbeiten der neuen Mitglieder war sie mit drei Arbeiten vertreten. Die größte Freude am Gestalten hat sie am Anfang, wenn sie die Materialien legt und erste Ideen ausprobiert. Die dann folgende Arbeit, das Montieren und die gründliche Suche nach einem passenden Rahmen, geht nicht ganz so leicht von der Hand. Die Ergebnisse schließlich sind einzigartig: „Ich habe keinen einheitlichen Stil“, sagt Gisela Saile. „Bei mir hängt es eben sehr vom Material ab.“

Lebensbilder:
Nach einer längeren Pause möchten wir die Serie „Lebensbilder“ fortsetzen und in unregelmäßigen Abständen Künstlerinnen und Künstler aus Möhringen, Vaihingen und Kaltental vorstellen. Wer Interesse daran hat, porträtiert zu werden, kann sich unter unserer Mail-Adresse redaktion@filder-zeitung.de melden.