Wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung, ist der frühere portugiesische Regierungschef José Sócrates am Freitagabend festgenommen worden.

Lissabon - Der frühere portugiesische Regierungschef José Sócrates (57) ist wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung festgenommen worden. Die Behörden ermitteln nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Samstag auch wegen Geldwäsche und Korruption. Der Sozialist war als Ministerpräsident 2011 zurückgetreten, nachdem seine Minderheitsregierung im Parlament des Euro-Krisenlandes keine Mehrheit mehr für harte Sparmaßnahmen hatte finden können. Es ist das erste Mal in der Geschichte Portugals, dass ein ehemaliger Ministerpräsident festgenommen wurde.

 

Sócrates wurde unmittelbar nach seiner Ankunft aus Paris kurz vor Mitternacht auf dem Flughafen von Lissabon von Beamten abgeführt. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Lusa unter Berufung auf die Polizei. Nach einer Nacht in einer Polizei-Zelle habe Sócrates eine stundenlange Durchsuchung seiner Wohnung in einem Nobelviertel der Hauptstadt über sich ergehen lassen müssen. Danach sei er von einem Untersuchungsrichter vernommen worden.

Im Rahmen der vor einigen Tagen aufgenommenen Ermittlungen waren den amtlichen Angaben zufolge zuvor bereits drei weitere Personen - ein Anwalt, ein Unternehmer und der Fahrer von Sócrates - festgenommen worden. Es würden Bankgeschäfte und Geldtransfers „ohne bekannte Rechtfertigung“ untersucht, hieß es.

Die Ermittlungen seien „anlässlich einer Mitteilung einer Bank“ aufgenommen worden, hieß es. Medienberichte, wonach ein Zusammenhang zur Operation Monte Branco besteht, bei der im Juli der Ex-Chef der Pleite-Bank Espirito Santo, Ricardo Salgado, festgenommen worden war, dementierte die Staatsanwaltschaft jedoch.

Erst vor einer Woche war das Euro-Land von einem aufsehenerregenden Korruptionsskandal erschüttert worden. Die Polizei zerschlug einen Ring ranghoher Beamter, der ausländischen Investoren Visa gegen Schmiergeld erteilt haben soll. Unter den vielen Festgenommenen war auch der Chef der Ausländerbehörde. Der Innenminister der Mitte-Rechts-Regierung, Miguel Macedo, trat wegen der Affäre zurück.

Sócrates hatte die Sozialistische Partei 2005 zur absoluten Mehrheit und zum besten Wahlergebnis der Geschichte geführt. Nach mehreren Krisen und Korruptionsaffären in seiner ersten Amtszeit konnte der einst als Hoffnungsträger und „Sunnyboy“ gefeierte Mann die Parlamentswahl 2009 nur noch knapp gewinnen. 2011 trat er dann zurück.