Bis zur Mitgliederversammlung am 22. Juli hat der VfB Zeit, einen neuen Kandidaten für das Präsidentenamt zu finden. Jetzt hat der Aufsichtsratschef Dieter Hundt eine Findungskommission installiert – in der er selbst nicht mitwirkt.

Stuttgart - Der Briefträger, der die Post in die Mercedesstraße 109 nach Cannstatt bringt, hat zurzeit noch etwas mehr im Gepäck als sonst. Denn in diesem Gebäude befindet sich die Geschäftsstelle des VfB Stuttgart, der einen Nachfolger für den zum 3. Juni ausscheidenden Präsidenten Gerd Mäuser braucht. In diesen Tagen flattern immer wieder Bewerbungen ins Haus. Aussichtsreiche Kandidaten sind nach erster Sichtung bisher aber nicht dabei. Die Suche wird immer schwieriger.

 

Bis zum 22. Juli muss die Findungskommission fünfdig werden

Am Montagabend trafen sich die Vertreter der wichtigsten Vereinsgremien zum Gedankenaustausch – der Vorstand sowie Teile des Aufsichtsrats und des Ehrenrats. Herausgekommen ist auch ein konkretes Ergebnis. So wurde nach StZ-Informationen eine Findungskommission gegründet, die bis Anfang Juni ernst zu nehmende Ideen für die Besetzung des Präsidentensessels präsentieren soll. Gelingt es bis dahin nicht, Bewerber zu gewinnen, die zumindest theoretisch bei der Mitgliederversammlung am 22. Juli mehrheitsfähig sind, wäre die Findungskommission gescheitert – und damit womöglich auch Dieter Hundt.

Der bei vielen Fans schwer in der Kritik stehende Aufsichtsratschef gehört dem Ausschuss, in dem nur eine Handvoll Personen sitzt, selbst nicht an – im Gegensatz zu seinem Stellvertreter, dem Daimler-Manager Joachim Schmidt. Dabei handelt es sich offensichtlich um ein Taktikmanöver von Hundt (74), der sich auf diese Weise aus der Schusslinie nehmen und signalisieren will, dass der neue Präsident nicht wie Mäuser nur ein Präsident seiner Gnaden ist.

Denn ein solcher Mann hätte höchstwahrscheinlich keine Chance, auf der Mitgliederversammlung gewählt zu werden, da zahlreiche Fangruppen bereits dazu aufgerufen haben, alle Vorschläge von Hundt kategorisch abzulehnen. Es sei denn, er könnte einen Hochkaräter wie den in den VfB-Gremien bereits öfter diskutierten Ottmar Hitzfeld ins Rennen schicken. Aber dass der frühere Stuttgarter Profi, spätere Bayern-Trainer und heutige Schweizer Nationalcoach dazu bereit ist, dürfte unwahrscheinlich sein. „Vielen Dank für diese Ehre, aber ich bin und bleibe lieber Trainer“, teilt Hitzfeld auf StZ-Anfrage mit.

Staudt, Ohlicher und Spöri haben abgesagt

Die Findungskommission wird ihn aber wohl trotzdem noch einmal fragen. Der Ausschuss könnte jetzt ohnehin schon der letzte Rettungsversuch von Hundt sein, um einen Befreiungsschlag zu landen. Er hat sich in den vergangenen Wochen viele Körbe eingefangen – von Erwin Staudt über Hermann Ohlicher bis zu Dieter Spöri. So entsteht zunehmend der Eindruck, dass am 22. Juli kaum einer für Hundt in den Ring gehen will, außer den schriftlichen Bewerbern, die der Briefträger zustellt – und außer vielleicht Hansi Müller.

Es heißt, der ehemalige VfB-Nationalspieler, der seit zwei Jahren auch im sechs Personen umfassenden Aufsichtsrat sitzt, würde im Notfall einspringen. Aber Müller ist bei vielen Fans nicht sonderlich beliebt, weil er die Oppositionsgruppen gegen Mäuser bei der Mitgliederversammlung 2011 abqualifiziert und beschimpft hat.

Das weiß Dieter Hundt, der noch eine allerletzte Option hätte – seinen Rücktritt nach dem Pokalfinale am 1. Juni zwischen dem VfB und dem FC Bayern. Nicht wenige Leute im Verein glauben sowieso, dass es nur eine Lösung ohne ihn geben kann und dass mit ihm die Gefahr groß ist, dass am 22. Juli das totale Chaos im Club ausbricht.

Das will die Findungskommission verhindern, aber die Zeit drängt. Selbst wenn auf die Schnelle ein vermeintlich geeigneter Kandidat gefunden wird, ist ungewiss, ob das bei den Fans an der Basis für einen Stimmungsumschwung sorgt. Zwar könnte Hundt in der Versammlung sagen, dass er in den Suchprozess gar nicht eingebunden war und jetzt quasi nur der Überbringer der Nachricht ist. Das ist das Friedensangebot, das er unterbreitet. Klar ist jedoch auch, dass die Kommission im Einvernehmen mit Hundt installiert worden sein muss, denn sonst wäre das ein offener Affront gegen den Aufsichtsratschef – was dieser wiederum kaum auf sich beruhen lassen könnte. Im Prinzip hat Hundt die Präsidentenfrage somit also nur delegiert,