Der Rückhalt für Dieter Hundt bröckelt weiter: Der Aufsichtsratschef hat bei der Suche nach einem neuen Vereinspräsidenten für den VfB Stuttgart einen Teil seiner Kollegen im Kontrollgremium übergangen.

Stuttgart - Am 21. Juli wird noch einmal richtig schön gefeiert. Auf dem Wasen findet die Saisoneröffnungsparty statt, worauf der VfB Stuttgart während der Partie gegen Mainz auf der Videotafel in der Mercedes-Benz-Arena hingewiesen hat. Am 22. Juli droht jedoch der Kater. Dann hält der Club seine Mitgliederversammlung ab, auf der ein neuer Präsident für den ausscheidenden Gerd Mäuser gewählt werden soll. In diesem Zusammenhang werden die Irritationen immer größer.Weil der in Fankreisen kritisierte Aufsichtsratschef Dieter Hundt (74) bisher keinen geeigneten Kandidaten präsentieren kann, hat er sein Gremium vor einer Woche zusammengetrommelt. In Absprache mit dem Vorstand und dem Ehrenrat wurde eine Präsidentenfindungskommission gegründet – ohne Hundt, aber auf Betreiben von Hundt hin. Den Ausschuss bilden sein Stellvertreter Joachim Schmidt, der Finanzvorstand Ulrich Ruf und Alfred Grupp, der Vorsitzende des Ehrenrats. Ihr Auftrag lautet, bis Anfang oder Mitte Juni einen Mann zu benennen, der in der Mitgliederversammlung mehrheitsfähig ist. So weit die Fakten.

 

Fest steht jedoch auch, dass der Aufsichtsrat aus sechs Leuten besteht. Neben Hundt und Schmidt sind das Rudolf Zipf, Eduardo Garcia, Hansi Müller und Ralf Klöpfer. Aber Garcia, Müller und Klöpfer wurden von Hundt nicht mal über den Sitzungstermin vor einer Woche informiert – geschweige denn, dass sie eingeladen worden wären. Und dass dann eine Findungskommission installiert wurde, hat zumindest einer dieser drei Aufsichtsräte erst aus der Stuttgarter Zeitung erfahren.

VfB-Fans fordern: „Hundt mach’ Platz“

Diese Form der Hundtschen Kommunikationspolitik sorgt jetzt sogar in Teilen des von ihm seit 2002 geleiteten Gremiums für Ärger. Dadurch bröckelt der Rückhalt für Hundt weiter, zumal er Fragen der Betroffenen zu den Gründen ihrer Ausbootung nicht so beantworten konnte, dass sich die Gemüter im Aufsichtsrat beruhigt hätten.

Hundt könnte sich auf dem Weg in die Isolation befinden, da sich nach wie vor kein aussichtsreicher Kandidat bereit erklärt, für ihn ins Rennen zu gehen. Namen machen zwar die Runde, neuerdings etwa jener des ehemaligen VfB-Trainers Armin Veh, aber konkret ist nichts. Offiziell gibt es dazu ohnehin nur Andeutungen. „Der neue Präsident muss fußballaffin sein, aber er muss nicht selbst gespielt haben“, sagt der Manager Fredi Bobic, der anders als sein Vorstandskollege Ruf nicht zur Findungskommission gehört.

Alles ist vage. Deshalb hat Hundt eine externe Personalberatung mit ins Boot geholt – eine Maßnahme, die in seinem eigenen Gremium ebenfalls wieder sehr umstritten ist, weil die Aktion belegen könnte, dass der VfB mit der Präsidentensuche überfordert ist und selbst keinen Plan hat.Das ist die Konstellation vor dem Pokalfinale am 1. Juni. Kurz danach ist eine Aufsichtsratssitzung anberaumt – Ergebnis offen. Hundt muss einen der Basis vermittelbaren Bewerber für das Präsidentenamt vorstellen. Sonst bleibt ihm wohl nur der Rückzug. „Hundt mach’ Platz“ – dieses Transparent rollten Fans schon am Samstag aus. Sollte er dem Rat folgen und sollte noch ein weiterer Aufsichtsrat abtreten, wäre das Gremium laut Satzung nicht mehr beschlussfähig. Der Ehrenrat müsste der Versammlung einen neuen Aufsichtsrat zur Wahl vorschlagen. Offenbar bereitet sich der alte Präsident Erwin Staudt mit einem Team bereits auf diesen Fall vor. Aber dann könnte am 22. Juli kein Präsident gekürt werden. Um das nachzuholen, müsste eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden. Bis dahin wäre der VfB führungslos. Vielleicht gibt es deshalb am 21. Juli zum letzten Mal für längere Zeit einen Grund zum Feiern.