Auch einen Tag nach der Wahl gibt es in Österreich noch keinen Präsidenten. Die Stimmen der Briefwähler werden noch gezählt. Bis neun Uhr nach dem Wahltag ist erst mal Pause angesagt. In Deutschland undenkbar.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Die Deutschen haben ja nicht nur in Wien den Ruf des ewigen Besserwissers. Zu arrogant, zu direkt, zu nervig. So gesehen ist es nicht gerade hilfreich, wenn man die Stimmenauszählung bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich mit den Parlamentswahlen hierzulande vergleicht. Denn das Ergebnis einer solche Gegenüberstellung ist eindeutig: Während in ganz Österreich noch gezählt wird stünde das Ergebnis in Deutschland schon lange fest.

 

Schon immer so gemacht

Verantwortlich dafür sind die unterschiedlichen Wahlgesetze. Briefwahlunterlagen werden in Deutschland in den jeweiligen Gemeinden ausgezählt, also dezentral. Und das sofort an dem Abend, an dem auch die übrigen Urnen gezählt werden. In Österreich ist das anders – und zwar schon immer. Seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schreibt das Wahlgesetz eine zentrale Auszählung vor. Die findet bei den 113 Bezirkswahlbehörden des Landes statt, „vergleichbar ist das mit den deutschen Landkreisen oder Kreisfreien Städten“, sagt Robert Stein, der stellvertretende Wahlleiter in Österreich. Und da beginnt das Auszählen erst um 9 Uhr am Tag nach der Wahl. Das war auch schon immer so.

Gründe für das System

Zwar werde immer wieder darüber diskutiert, dies zu verändern, sagt Stein, „es gibt aber auch gute Gründe für das System“. In kleinen Gemeinden sei sonst die Anonymität der Briefwähler nicht gewahrt. Zudem stehen auf den abgegebenen Wahlkarten in Österreich noch die persönlichen Daten der Wähler, jedes Kuvert muss vor dem Zählen erst noch anonymisiert werden. „Das dauert“, sagt Stein. Das Endergebnis der Präsidentenwahl wird daher erst für Montag Abend erwartet.