Die Demokraten bieten in Philadelphia die Crème de la Crème ihrer Redner. Barack Obama, Joe Biden, Tim Kaine. Das Motto heißt: Alle gegen einen. Letzterer feuert via Social Media zurück.

Philadelphia - Es war ein bisschen wie eine Schlacht, die geschlagen wurde. 19 Mal drückte Donald Trump am Mittwoch (Ortszeit) auf den Sendeknopf in seinem Twitter-Account. Der republikanische Präsidentschaftskandidat feuerte aus allen Social-Media-Rohren. Es war eine Abwehrschlacht: Auf ihrem Konvent in Philadelphia hatte sich die Partei von Hillary Clinton so richtig auf Trump eingeschossen. Die Tirade gegen den republikanischen Kandidaten, vorgetragen vom Besten, was die Demokraten aufzubieten hatten, gipfelte in der Nacht in der Ansage von Präsident Barack Obama: „Er bietet keine Lösungen an. Alles war er anbietet sind Slogans. Und Angst!“ Seine Rede wurde von tosendem Jubel der Delegierten begleitet.

 

Besonders verwunderlich ist es nicht, wenn eine Partei vom Podium ihres Nominierungskonventes den politischen Gegner offen angeht. Zumal es nur noch drei Monate bis zum Wahltermin sind. Doch gegen Trump wurde es persönlich, die Demokraten haben die Persönlichkeit des politischen Quereinsteigers als Gefahr für das Land definiert. „Es ist fair zu sagen, dass dies im November keine typische Wahl werden wird“, sagte Obama. „Es geht darum, wer wir eigentlich sind!“

Obamas Vize Joe Biden warf Trump vor, keinen Plan zu haben. „Kein Kandidat einer großen Partei in der Geschichte dieses Landes wusste weniger und war jemals schlechter vorbereitet“, zog er vom Leder. Michael Bloomberg, der Ex-Republikaner und frühere Bürgermeister von New York, heizte wie Obama die Stimmung im Parteitagssaal an, als er Trump als einen „gefährlichen Demagogen“ bezeichnete. „Ich bin ein New Yorker und wir New Yorker erkennen einen Betrüger, wenn wir ihn sehen.“

Vizepräsident Joe Biden warf Trump vor, „keinen Plan“ zu haben. „Als Amerikaner können wir das schlicht nicht zulassen. Punkt.“ Sein möglicher Nachfolger im Amt, Vizepräsidentschaftskandidat Tim Kaine, äffte Trumps auffällige Sprachgewohnheiten nach und fragte: „Glaubt ihm eigentlich irgendjemand?“ Und der frühere CIA-Chef Leon Panetta stellte Trumps Fähigkeit in Militärfangelegenheiten infrage: „Er darf nicht Oberkommandeur der Streitkräfte werden.“

Ein bisschen schien es so, als wollten die Demokraten Trump mit den Waffen seiner eigenen Partei schlagen. Ronald Reagan wurde bemüht, Barbara Bush und John Kasich. Präsident Barack Obama, eher als nüchterner Intellektueller mit scharfem Verstand bekannt, bemühte patriotische Bilder. „Den Amerikanischen Traum hält keine Mauer zurück“, sagte er mit Blick auf Trumps Baupläne an der Grenze zu Mexiko. Der düsteren Vision einer Nation am Abgrund sollte ein positver Ansatz entgegengestellt werden. „Amerika ist schon großartig“, sagte Obama im Kontrast zu Trumps „Let’s make America great again“-Slogan.

Die Rede des Präsidenten, deren Vorbereitung Wochen dauerte und für die sechs Entwürfe angefertigt wurden, war auch eine Art Stabübergabe. Obama nutzte den Auftritt auf dem Parteitag für eine persönliche Bilanz. In siebeneinhalb Jahren sei Amerika stärker geworden, habe sich aus der Finanzkrise gewühlt, Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Das Problem mit dem Iran sei diplomatisch gelöst, die Beziehungen zu Kuba normalisiert.

Die Botschaft: Politik als Marathon

„Aber es gibt noch eine Menge Arbeit zu tun“, sagte er. Vielleicht einer der wichtigeren Sätze in einem Land, das 200 Jahre nach dem Ende der Sklaverei von Kämpfen zwischen Schwarz und Weiß heimgesucht wird, in dem Polizeigewalt herrscht, der Missbrauch von Schusswaffen nicht annähernd gelöst ist. Die Justiz müsse gerechter gemacht werden, der Klimawandel ernsthaft bekämpft werden. Politik als Marathon, nicht als Social-Media-Sprint der Marke Trump - das war die Botschaft.

Es sei Hillary Clinton, die das Erbe übernehmen und weiterentwickeln könne, die Politik Obamas sei bei ihr in den besten Händen. „Sie wird den Job zu Ende bringen“, sagte er. Und da war sie auch schon. Überraschend sprang Clinton im blauen Hosenanzug auf die Bühne von Philadelphia, unmittelbar nachdem der Präsident seine Rede beendet hatte - Bildsprache geht kaum besser. Kurze Umarmung, tosender Beifall. Und Schluss.

Nun muss Hillary Clinton liefern

Am Donnerstag muss Clinton selbst liefern. „Sie läuft Gefahr, nicht die beste Rede des Parteitages zu halten“, unken schon die ersten Kritiker, angesichts des vorangegangen rhetorischen Feuerwerks, nicht zuletzt auch von First Lady Michelle Obama.

Wenn das Spektakel von Philadelphia zu Ende ist, muss Clinton wieder ohne die Choreographie eines glitzernden Parteitags zurechtkommen. Klinken putzen in den Rustbelt-Staaten, im Rostgürtel des Mittleren Westens. Dort hat der Niedergang von Metallindustrie und Autobau Zehntausenden den Job gekostet hat. Ebenso muss sie gegen schwieriger gewordene Umfragewerte und den Status der ungeliebten Etablierten kämpfen.

Den Arbeitslosen in ihren heruntergekommen Mobilheimen kommt Donald Trump gar nicht so lächerlich vor, wie er auf der demokratischen Parteitagsbühne gemacht wird. Sie wählen ihn. Viele nicht etwa, weil sie von seinem lautsprecherhaften Getöse überzeugt wären. Vielmehr weil sie einfach das alte, das bekannte, das aus ihrer Sicht gescheiterte Politsystem von Washington nicht mehr wollen. Etwas anderes, etwas Neues soll her. „Unser Land fühlt sich nicht großartig an, für die Millionen von großartigen Leuten, die in Armut und mit Gewalt leben müssen und verzweifelt sind“, twitterte Trump. Clinton wird Überzeugungsarbeit leisten müssen.