Die meisten Flüchtlinge in Stuttgart haben in ihren Herkunftsländern keine guten Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Eine gemeinsame Aktion will den Flüchtlingen die Angst nehmen – und andere Missverständnisse klären.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Die meisten Flüchtlinge in Stuttgart haben in ihren Herkunftsländern keine guten Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Oft sind sie in den Krisengebieten im arabischen Raum und im Nahen Osten Willkür, Schikanen und Übergriffen ausgesetzt. Das Zahlen von Schmiergeld gehört zum Alltag. Flüchtlinge aus Schwarzafrika sind es dagegen gewohnt, sich auch bei der Lösung von Alltagsproblemen hilfesuchend an die Polizei zu wenden, beispielsweise bei der Suche nach einer Wohnung oder nach einem Arbeitsplatz. Von den Aufgaben und der Arbeit der Polizei in Deutschland wissen die meisten Neuankömmlinge fast nichts.

 

Missverständnisse vorbeugen, Unklarheiten ausräumen

Mit Besuchen in den Flüchtlingsunterkünften in der Stadt versucht die Polizei in Stuttgart Missverständnissen vorzubeugen. Grundsätzliches ist zu klären, beispielsweise dass die Beamten kein Geld oder andere Geschenke annehmen oder dass Hilfesuchende der Polizei im wörtlichen Sinn nicht zu nah zu Leibe rücken darf. „Die Flüchtlinge haben in ihrem Leben meist viel durchgemacht“, sagt Werner Mast von der Kriminalprävention in Zuffenhausen, der für das Heim mit seinen mehr als 150 Bewohnern an der Zazenhäuser Straße zuständig ist. „Bei Problemen reagieren sie dann oft aufbrausend. Wir raten ihnen beim Kontakt mit der Polizei, zunächst Ruhe zu bewahren“, so Mast.

Immer wieder werden die Polizisten zu den Flüchtlingsheimen gerufen: Der eine Bewohner ärgert sich über den Gestank in einem Zimmer, einem anderen wollen Nachbarn aus der Unterkunft an den Kragen, weil er ein Auge auf eine junge Mitbewohnerin aus einem anderen Kulturkreis geworfen hat und der Vater des Mädchens eine Liebesaffäre befürchtet, die für ihn undenkbar ist. „Dabei kommt es aber nicht nur bei der Polizei auf Fingerspitzengefühl auf. Wir sind sehr dankbar für die Ehrenamtlichen, die die Flüchtlinge bei Fragen des Alltags beraten und begleiten“, so Mast.

Ehrenamtliche an Präventionsarbeit beteiligt

Auch am Samstag waren Freiwillige bei einer Präventionsaktion der Polizei beteiligt. Mit dem Verein Rad-Offensive in Zuffenhausen bot Mast mit seiner Kollegin Verena Keppler eine Radtour an. Im Pulk ging es auf sicheren Wegen hinunter in die Stadtmitte. „Solche Freizeitaktionen tragen dazu bei, dass Flüchtlinge die Scheu vor den Polizei verlieren“, sagt Mast.

Meist gehe es in dem Heim in Zuffenhausen ruhig zu. Brenzlig wurde es nur vor Kurzem an einem heißen Sonntag. Viele Bewohner waren ins Freibad gefahren. Nach kurzer Zeit rief ein überforderter Badmitarbeiter bei der Polizei an und meldete, dass er auf diese 50 Nichtschwimmer angesichts der Masse kein sicheres Auge werfen könne. Die Polizei rückte an und legte jedem Flüchtlinge eindringlich ans Herz, dem tieferen Bereich des Schwimmeckens unbedingt fern zu bleiben.