Das „Ei der Heckschnärre“, das die Nürtinger SPD jährlich verleiht, geht in diesem Jahr an die Ehrenamtlichen, die Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Seite stehen.

Nürtingen - Unter Schmerzen wird die Heckschnärre dieses Ei gelegt haben. Faustgroß ist es in diesem Jahr, überproportional zu dem nur 27 Zentimeter großen Vogel, der auch als Wachtelkönig bekannt ist. Aber die Größe muss sein, schließlich müssen es sich viele Menschen teilen. Denn nicht eine Einzelperson, sondern das ganze Netzwerk Flüchtlingshilfe Nürtingen ist der Preisträger des „Eies der Heckschnärre“, das die Nürtinger SPD seit 30 Jahren immer am Aschermittwoch an Menschen vergibt, die „aufrecht schnärrend ihr Revier verteidigen“.

 

Das Revier der diesjährigen Ehren-Heckschnärren ist die Menschlichkeit. Bärbel Kehl-Maurer, die Ortsverbandsvorsitzende der Nürtinger SPD, sagte, die Ehrenamtlichen des Netzwerks hätten dazu beigetragen, dass es in Nürtingen eine offene Atmosphäre gibt. Für die Eierkommission sei das Engagement der vielen Bürger ein Grund für die Verleihung, sagte sie.

„Die Behörden können fast nur noch den Mangel verwalten“

Stellvertretend für die vielen Preisträger nahmen vier Frauen das Ei zur Bebrütung in Empfang: Ragini Wahl, die Beauftrage für Flüchtlingsfragen im evangelischen Kirchenbezirk, Barbara Dürr von der Gruppe Karibuni, Rose Püschel vom Arbeitskreis Asyl Oberensingen und Sarah Weber von der Flüchtlingshilfe K4. Sie machen mit Institutionen im Kreis gemeinsame Sache.

Das ist auch nötig. „Die Behörden können fast nur noch den Mangel verwalten“, sagte Sabine Wölfle, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied im Integrationsausschuss, in ihrer Laudatio. Die Flüchtlingszahlen steigen stetig, das Geld und der Platz für eine bessere Unterbringung fehlen den Landkreisen und die Flüchtlinge können dank der deutschen Gesetze ihre teils hohen Qualifikationen nicht nutzen, sondern sitzen oft untätig in ihren Unterkünften.

Toleranz, Menschlichkeit und Empathie

„Deutschland ist ein Einwanderungsland, politisch aber auf Abschreckung ausgelegt“, sagte Wölfle. Auch die Stimmung in der Bevölkerung sei oft nicht freundlich. Durch die ständigen Nachrichten von Kriegen bleibe die erschreckende Wirkung mittlerweile oft aus, „aber wenn Flüchtlinge Glück haben, kommen sie an Orte, wo die Menschen ein Herz haben.“

Die Ehrenamtlichen des Netzwerks sehen die Flüchtlinge als neue Nürtinger Bürger. Das mache die Arbeit auch belastend, sagte Wölfle. Denn zum Einen sind die Geschichten der Asylbewerber oft so dramatisch, dass sie ihre Helfer noch lange beschäftigen. Die Arbeit mit traumatisierten Flüchtlingen, um die sich besonders Karibuni kümmere, sei nicht einfach. Das Gehörte sei oft auch für die Helfer schwer zu verkraften. Belastend sei es auch, wenn die den Ehrenamtlichen anvertrauten Menschen schließlich doch abgeschoben würden. Wölfle lobte das Engagement der Helfer: „Toleranz, Menschlichkeit und Empathie sind bei Ihnen die Realität.“

Drei Flüchtlinge berichten von ihren Erfahrungen

Drei Menschen, denen die Netzwerker geholfen haben, konnten das am Mittwoch bestätigen. Sie kommen aus Togo, Serbien und Syrien, erzählten von den Mühen und dem Kümmern der Ehrenamtlichen. „Ich hatte in Syrien gehört, dass die Deutschen verschlossen seien“, sagte Monzer Haider. „Hier habe ich gemerkt: Das trifft nicht zu.“

Zur Beruhigung der Tierschützer sei noch gesagt: Niemand hat einer erschöpften Heckschnärre das Ei unterm Hintern weggeklaut. Da die Vögel schon seit den 60er Jahren nicht mehr in der Nähe von Nürtingen gesichtet worden sind, musste die SPD auf ein steinernes Ei ausweichen.