Die Kunden der Energie Baden-Württemberg (EnBW) müssen sich auf eine kräftige Preiserhöhung gefasst machen. Doch es gibt kaum Alternativen.

Stuttgart - Wolfgang Rastätter ist empört. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat ihm vor einigen Wochen einen Brief geschrieben und angekündigt, dass der Stromtarif für seine Wärmepumpe von November an deutlich teurer wird. "Was mich daran ärgert, ist vor allem diese unverschämte Maßlosigkeit, mit der die EnBW die Preise erhöht hat", sagt er und steht damit nicht allein. Auch etliche Leser mit Nachtspeicherheizungen haben sich in Briefen an unsere Redaktion über die "enorme Verteuerung des Wärmestroms" beschwert. Wolfgang Rastätter hat sogar an den EnBW-Vorstandschef Hans-Peter Villis und das baden-württembergische Verbraucherschutzministerium geschrieben, um sich zu beschweren.

 

Die Leser bezeichnen die Preiserhöhung in ihren Schreiben als "nicht verbraucherfreundlich", "überhöht" und "unanständig". Und sie sprechen angesichts dessen, dass die EnBW mittlerweile mehrheitlich dem Land Baden-Württemberg und dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) gehört, sogar von einem "wirtschaftspolitischen Skandal".

Höhere Beschaffungskosten

Ein Bonus beschränkt die Preiserhöhung der EnBW im ersten Jahr zunächst zwar auf rund 16 Prozent, doch von November 2012 an müssen die Verbraucher rund 23 Prozent mehr bezahlen als heute. Der Konzern begründet die neuen Preise mit höheren Beschaffungskosten und der Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG-Umlage). In der Mitteilung des Versorgers heißt es ferner, "dass die bisherigen Preise für EnBW-Wärmestrom im Vergleich zu anderen Energieversorgern in Deutschland auf sehr niedrigem Niveau liegen."

Das habe auch das Bundeskartellamt in einer Untersuchung des Wärmestommarktes 2010 festgehalten. Auch nach den Verteuerungen blieben die Preise "attraktiv", so die EnBW. Das Kartellamt hat aber auch noch ein anderes Phänomen festgestellt: zahlreiche etablierte Heizstromversorger lieferten ihren Heizstrom "zu nicht kostendeckenden Preisen an und erzielen negative Margen". So sei es für Wettbewerber wenig attraktiv, in den Markt einzutreten. Mit anderen Worten: Die Anbieter halten sich die Konkurrenz gezielt vom Leib. Verbraucher, die sich einmal für eine bestimmte Heiztechnik entschieden haben, wechseln nicht von jetzt auf nachher zu einer anderen - also etwa auf eine Gasheizung. Das Kartellamt kann gegen diese Strategie der Konzerne nichts tun. "Wir haben nur eine Handhabe bei missbräuchlich überhöhten Preisen", sagt die Sprecherin der Behörde.

250.000 von Preiserhöhungen betroffen

Etwa 250.000 Kunden in Baden-Württemberg sind nach Angaben der EnBW von den aktuellen Preiserhöhungen beim Wärmestrom betroffen. Ein Teil davon beziehe den Strom für den Betrieb von Wärmepumpen, die übrigen nutzten ihn für ihre Nachtspeicheröfen, erklärt Unternehmenssprecher. Keinesfalls biete die EnBW ihren Strom zu Preisen an, die die Kosten nicht decken würden, stellt er klar. "Dieses Segment ist selbstverständlich eines, das wirtschaftlich sein soll." Doch ein Blick auf die konkreten Wärmestromtarife lässt Zweifel aufkommen, ob das bislang der Fall war.

Auch die Grundgebühr steigt

Bis zur Preiserhöhung verlangt die EnBW für ihren Nachtstrom 11,02 Cent pro Kilowattstunde, tagsüber sind es 15,12 Cent. Zieht man davon Steuern, Abgaben und Netzentgelte ab, dürfte nicht mehr allzuviel übrig bleiben. Nach Berechnungen des Kartellamts machen diese Posten zusammen rund die Hälfte des Heizstrom-Endpreises aus - das wären beim EnBW-Nachtstromtarif etwa 5,5 Cent pro Kilowattstunde. Der gleiche Betrag bliebe nach dem Rechenmodell des Kartellamts für Beschaffung, Vertrieb und Gewinnmarge übrig. Allein die Beschaffungskosten können je nach Tageszeit aber schon zwischen vier und sieben Cent liegen.

Nach der Preiserhöhung wird für die EnBW mehr hängen bleiben. Betreiber von Wärmepumpen müssen künftig 17,16 Cent pro Kilowattstunde bezahlen, Besitzer von Nachtspeichern 18,81 Cent am Tag und 14,71 Cent in der Nacht. Auch die Grundgebühr steigt von bislang fünf Euro auf 10,10 Euro im Monat bei den Nachtspeichern und 7,88 Euro im Monat bei Wärmepumpen. "Das ist schon ein ordentlicher Griff ins Portemonnaie", kritisiert Thorsten Kasper vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Leider könne man wenig dagegen tun.

Heizstromtarife im Internet veröffentlichen

Das Kartellamt hat die Energieversorger nach der Untersuchung im vergangenen Herbst unter anderem aufgefordert, ihre Heizstromtarife im Internet zu veröffentlichen, um mehr Transparenz zu erreichen. Damals standen mehrere Anbieter unter dem Verdacht des Preisdumpings, während andere nach Ansicht der Behörde zu hohe Preise für Heizstrom verlangt hatten. Diese Unternehmen - die EnBW gehörte nicht dazu - mussten ihre Kunden entschädigen.

Die Karlsruher haben ihre Preise nun zum ersten Mal seit drei Jahren erhöht und ernten dafür sogar grundsätzlich Verständnis. "Dass irgendwann einmal eine Preiserhöhung ins Haus stehen würde ist ja in Ordnung", sagt der EnBW-Kunde Wolfgang Rastätter. "So drastisch hätte das trotzdem nicht sein müssen." Ihn ärgert vor allem, dass er kaum eine Möglichkeit hat, der EnBW auszuweichen. Das Bundeskartellamt stellte in seiner Studie fest, dass die Anbieter von Heizstrom in ihren Versorgungsgebieten "praktisch ohne Wettbewerber" sind und "in der Regel Marktanteile zwischen 99 und 100 Prozent ausweisen".

Inzwischen habe sich die Situation etwas verbessert, sagt die Sprecherin des Kartellamts. Tatsächlich bieten etwa der Kieler Versorger EnQU, das Unternehmen Evita Energie aus Stuttgart und die Naturenergie Grenzach-Wylen mittlerweile bundesweit Wärmestromtarife an und beliefern somit auch viele Verbraucher im EnBW-Netzgebiet. Preislich dürften sie mit dem Versorger aus Karlsruhe allerdings nicht immer mithalten können (siehe Tabelle). Die Zahl der EnBW-Konkurrenten dürfte künftig kaum größer werden, mutmaßte schon das Kartellamt im vergangenen Herbst. Denn der Markt werde schrumpfen. "Nachtspeicheröfen sind politisch nicht mehr gewollt", sagt Thorsten Kasper vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Energieeinsparverordnung 2009 sieht vor, dass die Geräte bis Ende 2019 schrittweise vom Netz gehen.