Der Mörike-Preis der Stadt Fellbach geht in diesem Jahr an die Lyrikerin Elke Erb. Die 79-Jährige wird bei der Verkündung von dem Literaturexperten Florian Höllerer gelobt.

Fellbach - Die Einschätzung dürfte ziemlich nah an der Realität liegen: Mit diesem Namen haben sich – abgesehen vielleicht von einigen Deutsch-Lehrern oder Lyrik-Liebhabern – bisher eher wenige Fellbacher beschäftigt. Es geht um die in Berlin lebende Elke Erb – eine Schriftstellerin, deren Namen allerdings in den nächsten Monaten und speziell im Frühjahr 2018 in Fellbach deutlich häufiger zu hören sein wird. Denn die Autorin ist, wie am Donnerstag bekannt gegeben wurde, Trägerin des zehnten Mörike-Preises der Stadt Fellbach.

 

Die 79-Jährige ist auch in der jüngeren Lyrikszene zu Hause

Entschieden hat dies der vom Kulturamt für diesen Zweck ausgewählte Vertrauensmann: Florian Höllerer, früherer Leiter des Stuttgarter Literaturhauses und mittlerweile Leiter des Literarischen Colloquiums Berlin. Bei seiner Verkündung am Donnerstagvormittag machte es Höllerer durchaus spannend: Die von ihm auserkorene Autorin sei „sehr zu Hause in der jüngeren Lyrikszene“, der Funke ihrer Werke springe über auf die Nachwuchskräfte der literarischen Texterstellung.

Die solcherart bei den Journalisten geweckte Vermutung, es handle sich also um eine unverbrauchte Jungautorin, wurden von Höllerer allerdings mit dem Folgesatz umgehend auf die richtige Fährte gebracht: „Es handelt sich um Elke Erb; im nächsten Februar feiert sie ihren 80. Geburtstag.“

Zur Bestätigung seiner Lobesworte holte Höllerer ein Erbsches Lyrikbändchen nach dem anderen aus seinem prall gefüllten Rucksack. Hat sie doch schon „viele Spuren hinterlassen, sie publiziert in einem fort“, ist also sehr fleißig. Ihre Werke seien so, wie der Titel einer Gedichtesammlung laute: „Leibhaft lesen“. Elke Erb sei einerseits „sehr sprach- und materialorientiert“ und eine „komplizierte Lyrikerin“, andererseits aber auch nicht zwingend abgehoben. Als Leser profitiere man von Erbs Gewohnheit, ihre Gedichte mit Kommentaren zu versehen, daraus habe sie eine eigene Kunst gemacht. Ein Kritiker habe es mal so ausgedrückt: In ihren Texten habe sie die Früchte geschrieben, und mit ihren Kommentaren füge sie nun auch noch den Acker hinzu.

Im Lebensweg von Elke Erb spiegelt sich ein Stück deutsch-deutscher Geschichte

Elke Erb wurde am 18. Februar 1938 in Scherbach in der Eiffel geboren. In ihrem Lebensweg spiegelt sich ein Stück deutsch-deutscher Geschichte. Im Jahr der Staatsgründung der DDR kam sie 1949 als Elfjährige mit ihrem Vater nach Halle an der Saale, studierte dort später Germanistik und Slawistik. Sie sei zwar „keine Dissidentin in vorderster Linie“ gewesen, so die Auskunft von Kulturamtsleiterin Christa Linsenmaier-Wolf, hat aber nach Höllerers Einschätzung „ein sehr widerspenstiges Wesen“ gehabt und fiel später auch bei den Kulturoberen der DDR in Ungnade und wurde von der Stasi überwacht. Elke Erb lebt in Berlin und vorwiegend im Sommer in einem Dorfhaus im sächsischen Wuischke.

In der Literaturszene ist sie natürlich sehr bekannt und hat schon etliche Auszeichnungen wie den Preis der Literaturhäuser (2011) oder den Ernst-Jandl-Preis (2013) erhalten. Dass ihr der renommierteste Preis, der Georg-Büchner-Preis, noch nicht zugedacht wurde, ist nach Höllerers Einschätzung „eine Leerstelle, die keiner so richtig versteht“. Alle warteten darauf, dass sie diesen auch noch erhalte.

Dafür freilich hat sie mit dem Fellbacher Preis die beste Voraussetzung – wurden doch schon drei bisherige Mörike-Preisträger kurz danach mit dem Büchner-Preis bedacht. Im Jahr 1990 war Elke Erb übrigens schon mal hier – als eine der Autoren der seinerzeitigen baden-württembergisch-sächsischen Literaturtage. So können hiesige Literaturfreunde die Lyrikerin also mal wieder fast hautnah erleben – fast drei Jahrzehnte nach ihrem ersten Gastspiel.