Die Puppenspielerin Helga Brehme zeigt ein kasachisches Stück.

S-Süd - Kasachstan ist ein großes Land, mit Wüsten, Steppen, Bergen und zwölf Himmel.“ Bedächtig schreitet Helga Brehme über die Bühne ihres Theaters am Faden in Heslach. Mit zwei Drähten in der Hand bringt sie Leben in Holzpuppen – Hasan, den kasachischen Schäfer und Said, den usbekischen Bauern. „Der weise Mann, ein Tadschike, und seine Schüler“, führt sie weitere Protagonisten ihres Puppenspiels ein. Deren Einsatz kommt noch. Jetzt sitzen sie auf einem Regal am Rand der Bühne und Brehme dreht ihre Gesichter in Richtung Zuschauer.

 

Alle 60 Plätze ihrer Marionettenbühne sind besetzt. Kinder, Eltern und Großeltern sind gekommen, um die Premiere von ein „Ein Garten in der Wüste“ mitzuerleben. Viele glänzen in glamourösen Oberteilen mit Perlen, Strass oder Stickerei, tragen formidable Kleidern und raffinierten Kopfputz. Den haben sie nicht von zuhause. In dem verwinkelten, mit allerlei Grün überwachsenen Weingärtnerhaus ist es gute Tradition, dass sich die Zuschauer vor der Vorführung verkleiden können. Der reiche Fundus, der sich hinter einem tunnelartigen Gang auftut, macht’s möglich. Nicht nur er, auch unzählige Figurinen, Schattenpuppen und Requisiten zeugen davon, wie märchenhaft und außergewöhnlich es seit mittlerweile 44 Jahren bei Helga Brehme bis heute zugegangen ist. Eigene Inszenierungen hat sie gezeigt, aber auch Konzerte klassischer indischer Musik sind regelmäßig bei ihr zu hören – und immer wieder Koproduktionen mit osteuropäischen Künstlern zu sehen. Die meisten Stücke richten sich an große und kleine Kinder von etwa vier Jahren an und an Erwachsene.

Opulente Kulisse mir russischen Einflüssen

Das gilt auch für „Ein Garten in der Wüste“, einer Geschichte über den Lohn für Großzügigkeit und gute Taten. Darin schenkt Said seinem Freund Hasan, der durch ein Unwetter seine Schafe verlor, die Hälfte seines Ackers. Als er diesen pflügt, findet er Gold, das er Said zurückgeben will. Der nimmt es nicht an. Also beschließen die beiden, es Tochter und Sohn als Hochzeitsgeschenk zu geben. Die fühlen sich schon durch ihre Liebe zueinander reich beschenkt. Auch der weise Tadschike weiß keinen Rat – allerdings einer seiner Schüler: Mit dem Gold sollen Steppe und Wüste zum Blühen gebracht werden, damit alle etwas davon haben. Bevor der Jüngling indes in der Stadt ankommt, um den Samen dafür zu kaufen, trifft er auf eine Karawane, die Vögel für den Sultan transportiert. Der Jüngling erkauft mit dem Edelmetall die Freiheit der Tiere.

Wie dann die Wüste dennoch erblüht, dafür hat Helga Brehme eine opulente Kulisse gefunden, zusammen mit Susanne Beck-Jankowski, Reinhard Siecke und dem russischen Regisseur Sergey Stoljarov. Mit dem Sankt Petersburger hat sie auch das Stück und dessen Inszenierung entwickelt. Reinhard Siecke wiederum konzipierte und baute mit der 77-Jährigen, die an der Kunstakademie Stuttgart und der Puppenspielhochschule in Prag ihr Handwerk studierte, die 44 Figuren. In diese sind Formen kasachischer Skulpturen eingeflossen. Zudem sind sie in der Körpermitte drehbar, so dass mit verschiedenen Positionen unterschiedliche Stimmungen ausgedrückt werden können.

Sandstürme und allerlei Figuren steigen empor

Alle Rollen spielt Brehme allein, auf ihre klare, gleichwohl poetische Art. Abwechselnd von Aufführung zu Aufführungen assistieren dabei Susanne Beck-Jankowski und Franziska Rettenbacher, Brehmes Tochter. Letztere entfachte zur Premiere auf der Bühne Sandstürme oder zauberte allerlei Figuren aus den Tiefen loser Bühnenbretter hervor. Die Live-Musik lieferte Bakary Koné: Der Westafrikaner entlockte dem Balafon, den Saiten der Ngoni, der Djembe-Trommel oder dem Regenmacher märchenhafte Klänge.