Wirtschaftsredakteurin Sabine Marquard hat in der Reihe „Stuttgarter Zeitung direkt - VHS Pressecafé“ über Altersarmut gesprochen. Dabei ging es auch um die Dringlichkeit für jüngere Arbeitnehmer, sich rechtzeitig über das Einkommen als Senior Gedanken zu machen.

Stuttgart - Die Wahrheit liegt oft dazwischen. Auch beim Thema „Altersarmut - was passiert mit unseren Ersparnissen in Zeiten der Nullzinspolitik?“, über das Sabine Marquard, Redakteurin des Wirtschaftsressorts von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, im Treffpunkt Rotebühlplatz am Donnerstagabend gesprochen hat. Sabine Marquard beschrieb, wie widersprüchlich Experten und Politikern debattierten und zitierte Zahlen des Statistischen Landesamts.

 

Derzeit seien 20 Prozent der Baden-Württemberger 65 Jahre oder älter. „Neun von zehn Männern können von ihrer Rente oder Pension leben. Bei Frauen sind es acht von zehn, rund zwölf Prozent müssen von Angehörige unterstützt werden.“ Jede fünfte Frau im Land über 65 Jahren gelte als armutsgefährdet, da sie unter 1 000 Euro im Monat habe. 26 Prozent der Seniorenhaushalte hätten ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 1 300 Euro, ein gutes Viertel hingegen über 2.600 Euro. Derzeit beziehen in Deutschland drei Prozent der Rentner staatliche Grundsicherung. Aber ihre Zahl steigt, für 2030 werden sechs Prozent prognostiziert.

Immer mehr Renter brauchen Unterstützung vom Staat

Klar sei, so Marquard, die nun 40- bis 45-Jährigen kämen mit ihren Renten später allein nicht mehr weit. Die Reformen seien Kürzungen gewesen, die Rente zur Basisversorgung geworden. Weniger Erwerbstätige kämen auf mehr Rentner, die länger lebten. „Durchschnittlich wird 20 Jahre Rente bezogen, 1960 waren es knapp zehn Jahre.“ Aber es arbeiteten auch mehr Menschen über 65, 2005 waren es neun, heute 20 Prozent – Tendenz steigend.

Die Gründe: finanzielle Nöte, die Rente mit 67, die für die Jahrgänge ab 1964 gilt. „Einige wollen arbeiten“, so Marquard. „Das beste Mittel gegen Altersarmut ist eine gute Ausbildung, ein Job in – möglichst in einem Bereich, in dem man gut verdient.“ Dass viele im Einzelhandel, in Sozialberufen oder in Stellen mit Mindestlohn beschäftigt seien, spiegele sich in der Rente, ebenso Strecken der Arbeitslosigkeit, Teilzeit- oder Minijobs. Hauptgründen für Altersarmut sei neben dem Scheidungsrichter die Erwerbminderungsrente wegen Krankheit.

Tipp: Erspartes auf mehreren Posten verteilen

Trotz Zinsen – wenn überhaupt – in homöopathischen Dosen riet Marquard, etwas zur Seite zu legen. Niedrigzinsphasen seien in der Geschichte nicht selten – selbst in Hochzinsphasen habe oft die Inflation den Gewinn aufgefressen. „Schauen, was unter dem Strich bleibt!“ Das sei bei den Garantiezinsen neuer Kapitallebensversicherungen derzeit nichts. Junge Menschen sollten lieber Arbeitsfähigkeit absichern. Riestern wiederum, vor 15 Jahren mit der Rentenreform eingeführt, sei gerade für Geringverdiener keine Option. Zwar gebe der Staat etwas zur eigenen Altersvorsorge hinzu. Aber das werde oft von Provisionen geschluckt, zudem später noch auf die Grundsicherung angerechnet. „Von komplizierten, undurchsichtigen Finanzprodukten mit hohen Zinsversprechen die Finger lassen“, sagte die Banken- und Versicherungsexpertin. Geheimtipps bei Geldanlagen gebe es nicht. „Streuen Sie Erspartes, auch etwas auf das Tagesgeldkonto tun, damit sie schnell zugreifen können.“ Allein mit Sachwerten, wie Immobilien oder Gold, sei Kapital gebunden. „Am vielversprechendsten sind derzeit Aktien. Auch hier gilt: streuen. Am besten in Index-Fonds weltweit, nicht überall herrscht gleichzeitig Rezension.“ Indes könnten häufig Familien nichts zur Seite legen.

In der Diskussion schilderte eine Frau, dass sie mal gut verdient habe, mit 60 Jahren arbeitslos wurde, nun mit 67 zwar nicht hungere, aber sich kein kulturelles Leben mehr leisten könne. Ein Mittvierziger betonte, an die Kinder zu denken. Auf jeden armen Rentner kämen statistisch sieben arme Kinder, so Marquard: „Wir müssen uns alle einmischen für eine gerechtere Gesellschaft.“