Vor zwei Jahren kündigte die BASF-Tochter Wintershall an, 2017 mit der Erschließung von Ölfeldern in Oberschwaben beginnen zu wollen. Mittlerweile herrscht Schweigen. Das dürfte mit den verfallenen Weltmarktpreisen zu tun haben.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Rot an der Rot/Steinhausen - Texas, die Geburtsregion der Ölindustrie, wird von einem der heftigsten Unwetter seit Jahren erschüttert, doch nicht einmal Sturm „Harvey“ hat dem Ölpreis auf die Sprünge helfen können. Im Gegenteil, am Mittwoch sank der Preis pro Barrel Brent sogar. Die Verarbeitungsindustrie sei wohl sehr viel stärker betroffen als die Ölproduktion, urteilten Börsenanalysten. Die Aussichten vieler Experten fürs Restjahr: Das weltweite Überangebot an Öl bleibt bestehen, die Preise sinken tendenziell weiter.

 

Dem Druck dieser Entwicklung kann sich offenbar auch der Kasseler Erdöl- und Erdgasproduzent Wintershall nicht entziehen. Jedenfalls sind Pläne von Ende 2015, wonach in diesem Jahr die Ölförderung in Oberschwaben nach Jahrzehnten wieder aufgenommen werden könnte, vorläufig vom Tisch. „Grundsätzlich muss man sagen, dass in Folge der Ölpreisentwicklung natürlich auch Investitions- und Explorationsprojekte noch intensiver bewertet werden“, sagte ein Sprecher der BASF-Tochter auf Nachfrage. Noch will das Unternehmen seine Pläne in Baden-Württemberg nicht ganz absagen. Doch ob und wie es weitergeht, das lasse sich frühestens „Ende des Jahres“ sagen. Von der Entdeckung eines Ölfeldes bis zur Produktionsaufnahme könnten schon mal „bis zu zehn Jahre liegen“.

Die BASF-Tochter wollte Aufschluss über den Ölreichtum haben

Das klang im Oktober 2015 noch ganz anders. Da lud Wintershall in der Gemeinde Steinhausen an der Rottum (Kreis Biberach) Landwirte, Bürgermeister und Bürger zu einem Informationstag ein. Die Menschen im baden-württembergisch-bayerischen Grenzgebiet rund um Hauerz (Kreis Ravensburg) und Rot an der Rot (Kreis Biberach) sollten auf Sondierungsmessungen in einem rund 160 Quadratkilometer großen Gebiet eingestimmt werden. Kurz darauf rollten Spezialfahrzeuge eines polnischen Unternehmens über Äcker und Fluren und schossen Echosignale ins Erdreich. Wo die schweren Fahrzeuge nicht durchkamen, wurden hunderte Probesprengungen in zehn Meter Tiefe vorgenommen. Unternehmensziel war es, zu einem dreidimensionalen Bild des Untergrundes zu kommen, das Aufschluss über den Ölreichtum gibt. Mit modernen Horizontalbohrern wollte Wintershall Drainagen bohren, in denen sich Gesteinsöl sammelt. Dass die Region Öl birgt, ist lange bekannt. Schon von 1957 bis 1995 standen hier in Oberschwaben Pferdekopfpumpen.

Über das Ergebnis der Sondierung ist nichts bekannt

Obwohl die Daten in Kassel längst zusammengesetzt sein dürften, gibt es keine offizielle Auskunft über das Ergebnis. Auch nicht für die Rathäuser. „Mir ist nicht bekannt, wo wirklich gebohrt werden soll“, sagt Leonhard Heine, parteiloser Bürgermeister von Steinhausen an der Rottum. Ratlosigkeit auch in der Gemeinde Rot an der Rot. „Wir wissen auch gar nichts“, sagt der Hauptamtsleiter Josef Liebhardt. Wintershall habe sich nie mehr gemeldet.

Das ins Stocken geratene Projekt dürfte eine Enttäuschung für einige Landwirte und Waldbesitzer sein, denen bereits lukrative Pachtverträge für den Fall in Aussicht gestellt wurde, dass auf ihren Grundstücken eine Ölförderstelle eingerichtet wird. Rund 12 000 Flurstücke befinden sich im anvisierten Fördergebiet. 500 davon, sagte Wintershall 2015, seien „relevant“. Bürgermeister Heine allerdings trägt alles mit Fassung. „Wir leben auch ohne Ölförderung“, sagt er. Rot an der Rot verweist auf kommunale Stimmen, „die sagen, man soll mehr auf die regenerativen Energien gehen und nicht mehr mit Öl anfangen“. 2015 hatte es in Steinhausen auch Proteste von Bürgern wegen der Sorge ums Grundwasser gegeben.

Die deutsche Ölindustrie kann sich nicht abkoppeln

Das anvisierte Ölförderfeld von Hauerz und Mönchsrot gehört laut dem Kasseler Unternehmen Wintershall zu einer „Perlenkette“ ergiebiger Vorkommen im Voralpenland. Größte Perle ist demnach das Ölfeld Aitingen nahe Augsburg. Seit 1979 ist die Lagerstätte ununterbrochen in Betrieb.

Wintershall betonte stets, in Oberschwaben werde kein Fracking angewendet. Beim Fracking wird Gestein in der Tiefe mit hohem Wasserdruck aufgebrochen – mit Risiken fürs Grundwasser. Bei Hauerz sollen einfache Bohrkanäle reichen. Das Bergbauamt Freiburg hatte seine Zustimmung gegeben.

Aktuell kostet ein Fass Öl nur halb so viel wie vor drei Jahren. Das hat viel mit dem Förderwettlauf zwischen den Golfstaaten und der aufgekommenen Fracking-Industrie in den USA zu tun. Bei jeder Preiserhöhung steigen die Fördermengen, eine Verständigung über gemeinsame Förderlimits gibt es nicht.