Nach dem StZ-Bericht über die Konflikte an der Schillerschule in Stuttgart-Bad-Cannstatt sind dort die Telefone heiß gelaufen. Der Rektor hat auch positive Resonanz erhalten.

Stuttgart - Der StZ-Bericht über Eltern, die den Schulbetrieb stören, Verkehrschaos verursachen und Kinder vom Lernen abhalten, hat an der Schillerschule in Bad Cannstatt ein nie erlebtes Echo zur Folge gehabt. Auch Radio- und Fernsehsender seien Schlange gestanden, und die Schule sei mit Mails überhäuft worden, berichtet deren Rektor Ralf Hermann. Für ihn sei das „eine Bestätigung, dass wir den Finger in die Wunde gelegt haben“.

 

Von Kollegen anderer Schulen sei ihm sogar Respekt entgegengebracht worden, berichtet Hermann, nach dem Motto: „Endlich hat mal jemand den Mund aufgemacht.“ Andere wiederum hätten seinen Brandbrief an die Grundschuleltern, aus dem die Stuttgarter Zeitung zitiert hatte, hingegen als Hilferuf verstanden, selbst eine Psychotherapeutin habe Unterstützung angeboten. Doch so habe er den Brief gar nicht gemeint. „Ich brauche keine Unterstützung“, versichert der Schulleiter der StZ. „Der Brief sollte Eltern die Augen öffnen.“ Wie berichtet, hatte der Rektor darin die Eltern gebeten, den Kindern mehr Eigenständigkeit zuzutrauen und Lehrer nicht durch Tür-und-Angel-Gespräche vom Unterrichten abzuhalten oder Kinder durch Klopfen und Winken vom Lernen.

Schulleiter schreibt Grundschuleltern erneut einen Brief

Inzwischen haben die Grundschuleltern der Schillerschule einen weiteren Brief vom Schulleiter erhalten. Darin versichert dieser den Eltern, dass er eine derart große Resonanz mit seinem ersten Elternbrief keineswegs beabsichtigt habe, sondern die Stuttgarter Zeitung ohne seine Kenntnis von dem Brief erfahren und ihn, Hermann, dazu befragt habe. Nach der Veröffentlichung des Berichts in der StZ und dem dadurch ausgelösten Ansturm durch weitere Medien habe er jedoch alle Interviews und Filmberichte abgelehnt, „weil ich für die Schule Ruhe und gute Zusammenarbeit aller am Schulleben Beteiligter wünsche“, schreibt der Rektor den Eltern.

Neue Gesprächsformate zu entwickeln, wie es Sabine Wassmer, die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Stuttgarter Schulen, im Interview mit der Stuttgarter Zeitung vorgeschlagen hatte, hält Rektor Hermann nicht für nötig. Zwanglos miteinander sprechen könnten Eltern und Lehrer beispielsweise beim Niklausmarkt. In diesem Zusammenhang sei die Mitarbeit der Eltern ausdrücklich erwünscht. Doch selbst dies würde manchen Eltern nicht ausreichen. „Manche Eltern wollen über alles Bescheid wissen und hinterfragen alles.“ Nun werde man erst einmal beobachten, wie sich die Situation an der Schule weiter entwickle.

Die Polizei trainiert mit den Erstklässlern den Schulweg

Auch am Thema Schulweg sei man weiter dran, berichtet Hermann. Übernächste Woche komme die Polizei vorbei und trainiere mit den Erstklässlern. Dabei werde den Kindern auch vermittelt, wie ein Laufbus funktioniere, nämlich als Gänsemarsch von in der Nähe wohnenden Kindern, die einander abholten und dabei auch von Eltern begleitet werden könnten.

Die Polizei führt auch mit Eltern „verkehrserzieherische Gespräche“, wie die Polizeisprecherin Daniela Waldenmaier berichtet. Dies sei zunehmend nötig, weil Eltern regelmäßig Gehwege, Bushaltestellen oder Brandschutzzonen zuparkten und dabei auch gefährliche Situationen für die Kinder hervorriefen. „Diese Situation haben wir in ganz Stuttgart – nicht nur an Schulen, sondern auch an Kindergärten“, ergänzt die Polizeisprecherin. „Wir wollen an die Einsicht appellieren“, sagt Waldenmaier. „Aber wir können den Eltern nicht vorschreiben, dass sie die Kinder nicht zur Schule fahren sollen. Wenn aber Lehrerparkplätze zugeparkt sind oder Anwohner sich beschweren, dann kommen wir.“

Polizei vermisst Unrechtsbewusstsein bei Eltern

Die verkehrserzieherischen Gespräche mit den Eltern seien von unterschiedlichem Erfolg, trotz Verwarnungsgeld. Die Spanne reiche von „viel Verständnis bis gar kein Verständnis“, so Waldenmaier. „Bei den Eltern ist manchmal kein Unrechtsbewusstsein da“, stellten die Revierkollegen fest. „Dabei sind es doch die Eltern, die die Gefahren erzeugen: Wenn die Kinder zur Schule laufen würden, gäbe es diese Gefahren nicht“, so Waldenmaier.

An den Schulwegplänen könne es nicht liegen, meint Hermann Karpf, der Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer – die erstelle das Ordnungsamt in Abstimmung mit Polizei und Schule. Da sei Stuttgart „sicher eine der vorbildlichen Städte“. An manchen Grundschulen habe man sogar extra Fußgängerampeln eingerichtet, damit die Kinder sicher über die Straße kommen. Dies klappt auch fast immer. Die Zahl der Schulwegunfälle geht zurück: Im Jahr 2013 wurden insgesamt 16 Schüler von sechs bis 17 Jahren verletzt, drei davon schwer. Dabei waren neun Kinder die Hauptverursacher gewesen. Im Jahr 2012 waren 19 Schüler verunglückt.