Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben ein Hochhaus-Modell entwickelt, in dem Reis in Zukunft besonders effektiv angebaut werden könnte.

Stuttgart - In rasantem Tempo wächst die Weltbevölkerung immer weiter an – aktuellen Studien zufolge von derzeit rund sieben Milliarden auf neun bis zehn Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050. Entsprechend steigt auch der Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie. Doch wenn die Menschheit nichts an ihrem Konsumverhalten ändert – so zeigt es die aktuelle WWF-Studie „Living Planet Report 2012“ –, brauchen wir bereits im Jahr 2030 eine zweite Erde, um unsere Bedürfnisse zu stillen und genügend Anbauflächen für Lebensmittel bereitzustellen.

 

Reisanbau in 500 Meter Höhe

Diese Problematik haben Forscher der Universität Hohenheim bereits vor einigen Jahren erkannt und Ende 2008 damit begonnen, eine Alternative zum traditionellen Ackerbau zu entwickeln. Die Gruppe um die Wissenschaftler Joachim Sauerborn und Folkard Asch von der Fakultät für Agrarwissenschaften hat das Modell eines 500 Meter hohen Hochhauses entworfen, in dem eines Tages hocheffizient Reis angebaut werden könnte. Jetzt haben die Wissenschaftler ihre Vision der Öffentlichkeit vorgestellt.„In einem solchen Hochhaus ließe sich an 365 Tagen im Jahr Reis produzieren, er wäre geschützt vor Dürre, Frost, Starkregen, Krankheiten und Insekten“, erklärt Folkard Asch. „Außerdem ließe sich der Dünger- und Wasserverbrauch verringern, und der Flächenbedarf läge bei einem Bruchteil der bisher benötigten Fläche.“

Ein Hektar in einem solchen Hochhaus, einer sogenannten Skyfarm, entspräche laut Asch etwa zehn bis 40 Hektar Land im Freien. Dies könnte helfen, den Reisbedarf der Bevölkerung zu decken. Schließlich, so der Forscher, sei Reis global betrachtet das wichtigste Nahrungsgetreide. Um sämtliche Großstädte der Erde, die „Megacitys“, zu ernähren, seien aber insgesamt rund 435 000 Hochhäuser nötig.

Noch gibt es zahlreiche offene Fragen

Die Vision vom Reisanbau im Wolkenkratzer ist jedoch noch Zukunftsmusik. Denn die Hohenheimer Wissenschaftler haben noch mit zahlreichen Problemen und Herausforderungen zu kämpfen. So untersuchen sie derzeit, wie viel Wasser und wie viele Nährstoffe eine Reispflanze genau braucht, welchen Licht- und Wärmebedarf sie hat, wie der Nährstofftransport und die Regelungstechnik im Hochhaus funktionieren könnten und was es bei der Energiezufuhr und der Erntetechnologie zu beachten gilt. Um diese und weitere Herausforderungen zu meistern, arbeiten die Forscher nicht nur mit Fraunhofer- und Max-Planck-Instituten zusammen, sondern stehen auch im Kontakt mit der Industrie. Doch allein um einen Prototyp der Skyfarm zu bauen, der laut Folkard Asch wohl zwischen zwölf und 15 Millionen Euro kosten würde, fehlt das Geld. Zwar hofft Asch, dass seine Förderanträge in zweistelliger Millionenhöhe, die bisher stets abgelehnt wurden, bald auf positive Resonanz bei den Wissenschaftsförderern treffen. Ohne die Hilfe der Industrie und weiterer Investoren, sagt er, sei das Projekt aber kaum realisierbar.

„Würden uns jetzt alle notwendigen Technologien und das nötige Geld zur Verfügung stehen“, so Folkard Asch, „wäre ein solches Hochhaus aber bereits in fünf bis zehn Jahren denkbar.“