Die Stuttgarter Biogasanlage verzögert sich um mindestens ein Jahr: zum Schutz von Zauneidechsen muss in Zuffenhausen neu geplant werden. Die Kosten tragen wohl die Bürger.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die große Biogasanlage in Zuffenhausen war nie so umstritten wie jene in Nürtingen – dazu wird sie zu abseits zwischen Fernstraßen und Eisenbahngleisen gebaut. Doch jetzt hat auch sie den Primat des Naturschutzes zu spüren bekommen: Während der Nürtinger Standort an Baumfalken gescheitert ist, sind in Zuffenhausen Zauneidechsen entdeckt worden, die streng geschützt sind. Ihr Lebensraum muss erhalten bleiben.

 

Der Abfallbetrieb AWS, der in der Biogasanlage in der Endausbaustufe bis zu 30 000 Tonnen Biomüll vergären und daraus Strom und Gas gewinnen will, hat deshalb umgeplant. Das Gelände, auf dem die AWS bauen will, wird auf 60 Prozent der ursprünglichen Fläche verkleinert; im westlichen Teil kann so, abgeschirmt von der Anlage, ein Biotop für die Zauneidechsen entstehen. Allerdings müssen im Zuge dieser Umplanung die beiden großen Speichertanks für den Flüssigdünger, der als wertvolles Abfallprodukt entsteht, südlich zur Deponie hin verlagert werden. Da der Boden dort zu instabil ist, müssen besondere Fundamente errichtet werden.

Kosten müssen wieder erwirtschaftet werden

Unterm Strich könnte die Biogasanlage deshalb um bis zu zwei Millionen Euro teurer werden. Bisher waren zehn bis 11,5 Millionen Euro kalkuliert. Thomas Heß, der Chef der AWS, lässt keinen Zweifel daran, dass diese Kosten wieder erwirtschaftet werden müssen. Im Moment hofft er noch, bei den Ausschreibungen für die Biogasanlage sparen zu können. Wenn das aber nicht gelingt, ist auch eine Erhöhung der Müllgebühren für die Stuttgarter Bürger nicht mehr ausgeschlossen.

Durch die neuen Planungen verzögert sich der Bau der Biogasanlage um mindestens ein Jahr – irgendwann im Jahr 2016, so hofft Heß, könne die erste Stufe der Anlage für bis zu 17 500 Tonnen Biomüll in Betrieb gehen. Dass schon zum 1. Januar 2015 das neue Abfallwirtschaftsgesetz greift, nach dem die Biotonne flächendeckend auch in Stuttgart eingeführt werden muss, sei kein größeres Problem, sagt Heß: Man werde die Biotonne, die derzeit auf freiwilliger Basis angeboten wird, nach und nach in Stuttgart einführen; der anfallende Biomüll wird wie bisher kompostiert.

Ausgleichsflächen müssen neu gestaltet werden

Der Standort selbst ist nicht mehr umstritten. Der Bezirksbeirat hat der Anlage unter der Bedingung zugestimmt, dass andere Flächen neu gestaltet werden – mit dem bisherigen Vorschlag sei man aber nicht ganz glücklich, sagt der Bezirksvorsteher Gerhard Hanus. Das Regierungspräsidium hat bereits eine Ausnahmegenehmigung für die Anlage im Grünzug erteilt.

Was mit der gewonnenen Energie geschieht, ist noch offen. Es könnte eine Gasleitung zum Zuffenhausener Hallenbad gelegt werden, es könnten aber auch Strom oder Erdgas ins Netz eingespeist werden. Klar ist dagegen, dass in der Biogasanlage nur Stuttgarter Müll vergoren wird: „Wir wollen keinen Mülltourismus, das haben wir immer klargemacht“, sagt Heß.