Der Kölner Designer Paul Ketz hat den Flaschenring entwickelt um Pfandsammlern zu mehr Würde zu verhelfen. Im Hospitalviertel wurde eine Pilotprojekt gestartet, doch Urheberrechtsfragen werfen Probleme auf.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Gewissermaßen selbstverständlich war eine Studentenstadt Vorreiter. In Bamberg wurde die Idee vom Pfandring erstmals erprobt. Seither verbreitet sie sich bundesweit. Immer mehr Städte lassen sich um Abfallbehälter Ringe mit Öffnungen für Pfandflaschen legen, auf dass Sammler wegen ein paar Euro Pfand nicht mehr im Müll stöbern müssen. In Stuttgart wünschte sich zuerst der Jugendrat Mitte die Einführung, vor zwei Jahren schon. Seitdem hat das Vorhaben fürs würdigere Flaschensammeln einige Denkwürdigkeiten hinter sich. Mutmaßlich folgen weitere.

 

Pilotprojekt im Hospitalviertel

Zuletzt hatte der Bezirksbeirat Mitte gefordert, den Ring im Hospitalviertel zu erproben. Der Wunsch ward erfüllt, noch bevor der Antrag bearbeitet wurde. Wenige Tage nach dem Beschluss ließ die städtische Abfallwirtschaft AWS per Pressemitteilung verlautbaren, dass sie an sechs Standorten in der Innenstadt den Sammelbehälter für die Pfandflaschen erprobt.

Heute sieht es anders aus

Vor zwei Jahren hatten die Abfallwirtschafter den Vorschlag aus allen Gründen verworfen, die sich im Dreieck zwischen teuer, aufwendig und nutzlos ansiedeln lassen. Angesichts derart fundierter Gegenargumente entschied der Gemeinderat, die Idee zu vergessen. Den Sinneswandel bei den städtischen Müllentsorgern hat gemäß Pressemitteilung das Internet bewirkt. Auf der jungen und entsprechend wenig bekannten Seite www.wewant.com kann jeder sich wünschen, was er eben gerade will. Zu den so gesammelten Forderungen gehört eine Ladestation für E-Mobile im Stadtteil Neuwirtshaus genauso wie die Ernennung von David Hasselhoff zum Nachfolger von Klaus Wowereit. Die Zahl der Unterstützer bleibt meist überschaubar. Dreistellig wird sie nur im Ausnahmefall.

Wunscherfüller auf Termin

Mit mehr als 250 Zustimmungen ist der Pfandring der Quotenkönig des jungen Unternehmens, das an der Theodor-Heuss-Straße sitzt und immerhin sechs Mitarbeiter beschäftigt. Der Geschäftszweck ist, „dass wir Relevanzen schaffen“, sagt der Marketingleiter Volker Schurr. „Wir sind Vermittler.“ Wird ein Wunsch entsprechend unterstützt, besucht die We Want GmbH die Institution, die ihn erfüllen kann. So geschah es mit der Stadt Stuttgart. Praktischerweise hatten die Wunscherfüller beim Termin die Zusage eines Sponsoren dabei. So waren es wohl nicht nur „die zahlreichen Bürger für die Einführung von Pfandringen in Stuttgart“, die laut Pressemitteilung die Abfallwirtschafter überzeugten. Zum Vergleich: Eine Online-Petition gegen den Verkauf dreier Häuser im Leonhardsviertel unterschrieben auf change. org achtmal mehr Unterstützer.

Das junge Unternehmen hat auch zugesagt, den kompletten Versuch abzuwickeln. „Wir stellen nur die Mülleimer zur Verfügung“, sagt Annette Hasselwander, die Pressesprecherin der Abfallwirtschaft. Alles andere „läuft über We Want“. Von der Produktion der Pfandringe bis zur Umfrage, was die Stuttgarter von der Idee halten, erledigt alles die Onlinefirma.

Eine Frage der Urheberrechte

Die Herstellung „haben wir in Auftrag gegeben“, sagt Schurr. Woraus sich die nächste Denkwürdigkeit ergibt, denn „das Wort Pfandring ist eine eingetragene Marke, und das Prinzip ist gebrauchsmusterschutzrechtlich geschützt“, sagt Paul Ketz. Der junge Kölner Designer hat den Ring für Pfandflaschen erdacht und populär gemacht. Der Gebrauchsmusterschutz ist eine vereinfachte Variante des Patentschutzes – ungeachtet dessen verbindlich. „Allein der Gedanke“ an eine Kopie „wäre schon eine Unverschämtheit“, sagt Ketz. Schurr ist hingegen der Ansicht, dass der Entwurf frei von Urheberrechten ist.

Der Wunsch nach einer außergerichtlichen Einigung

So bahnt sich ein Zwist zwischen zweien an, die beteuern, keine Gewinnabsicht zu hegen, nur einer guten Idee zum Durchbruch verhelfen zu wollen. Dabei haben Ketz und We Want bisher sogar zusammengearbeitet. Unter diesen Voraussetzungen seinen Pfandring zu kopieren, „fände ich vor allem menschlich traurig“, sagt der Designer. Vor Gericht will er dennoch nicht gehen. Der Gedanke für die Menschenwürde dürfe nicht zerrieben werden. „Einen Rechtsstreit fände ich albern“, sagt Ketz. „Ich würde mich gern mit Handschlag einigen.“ Was in naher Zukunft allerdings eine Reise voraussetzt, denn derzeit gibt der Designer in Istanbul neuen Ideen Gestalt.