Dem Projektmanager gehört die Zukunft - wenn er gut führen kann. Denn er muss kooperativ arbeiten und hat kaum disziplinarische Möglichkeiten.

Projektmanager bewegen sich im Spannungsfeld zahlreicher Interessen. Ihre Aufgabe ist ebenso unberechenbar wie unterschätzt. Viele Projekte scheitern - auch weil die Beteiligten den zwischenmenschlichen Aspekt vernachlässigen. Hier liegt noch Potenzial für die Zukunft brach, denn die Projektarbeit wird stark zunehmen. Bis zu 150 Menschen arbeiten in einem Projekt. Oft getrennt voneinander, bisweilen rund um den Globus verteilt. 'Projekte sind konfliktträchtig', sagt Dr. Hans Leuschner, Leiter der Fachgruppe 'Führen im Projekt' der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und Geschäftsführer einer Bauherrengesellschaft für Immobilien. 'Die Hälfte aller Projekte scheitert.' Eines von drei Zielen werde dabei nicht erreicht: die Einhaltung des Zeitplans oder des Budgets, oder die zu erbringende Leistung. Das sei aber kein grundsätzliches Problem, meint Leuschner. So kläre sich oft erst im Projektverlauf, was der Auftraggeber wirklich benötige. Die Ziele seien oft sehr hochgesteckt. Kritischer sieht das Monika Wastian, Organisationspsychologin und Projektcoach. Die Probleme seien oft schon vorprogrammiert.

 

Projektmanager haben kaum disziplinarische Möglichkeiten

'Um Geldgeber von einer Idee zu überzeugen, werden Risiken heruntergespielt und Potenziale überbewertet.' Das Projekt starte mit zu knappen Ressourcen und einem zu engen Zeitrahmen. Dazu kommt ein weiterer, nicht so offen liegender Aspekt: Zwischenmenschliche Konflikte können das Projekt gefährden. Fallstricke lauern überall. Denn ein Projekt ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Es ist vernetzt mit Lieferanten, Kunden und dem Management des eigenen Unternehmens. Das Team besteht aus Mitarbeitern verschiedener Abteilungen, die parallel vielleicht noch andere Aufgaben erfüllen müssen. Und sie haben dazu eigene Vorgesetzte, die sich für das Projekt womöglich gar nicht interessieren. Ein Projektmanager hat bei Problemen kaum disziplinarische Möglichkeiten.

Er ist gezwungen, kooperativ zu arbeiten. 'Führen ohne Macht' nennt es die Branche. 'Das funktioniert', meint Hans Leuschner. Seiner Meinung nach muss im Team Fairness herrschen, in Bezug auf die Verteilung der Aufgaben, die Wertschätzung und die Bezahlung. Die Beteiligten müssen sich als Team begreifen. Mit einem gemeinsamen Ziel. 'Das ist die Schlüsselaufgabe', betont Leuschner, 'und sie ist verdammt schwer.' Der Projektmanager müsse mit jedem Mitarbeiter in Kontakt bleiben: Wie läuft es, gibt es Wünsche? 'Jedes Individuum erfordert einen eigenen Führungsstil.' Auch Psychologin Monika Wastian betont, dass ein Projektmanager stark gefordert ist, dass er seinen Mitarbeitern Wertschätzung zeigen soll. 'Er muss zudem begeistern können, ein Vorbild sein, stark kommunizieren können.' Dabei sollte er die Belastung der Mitarbeiter im Blick haben - damit diese nicht in Selbstausbeutung mündet.

"'Es muss regelmäßige Zusammenkünfte geben, auch virtuell"

'Das ist eine Frage der Fürsorge, der Ethik', betont Wastian, die selbst Führungs- und Projekterfahrung hat. Denn die Belastung sei oft sehr hoch. Die Personalauswahl kann eine heikle Angelegenheit sein. So bekommt der Projektleiter oft nicht die Mitarbeiter, die am besten passen, sondern jene, die in den jeweiligen Abteilungen gerade entbehrt werden können. 'Oft sind auch viele Jasager dabei', bedauert Wastian. 'In ein Team gehören jedoch Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten - da ist der Bedenkenträger ebenso wichtig wie ein Mitarbeiter mit exotischen Ideen -, die Neues anregen können.' Entscheidend für den Erfolg sei das Gefühl der Zusammengehörigkeit, sagt Hans Leuschner. 'Es muss regelmäßige Zusammenkünfte geben, auch virtuell.' Und natürlich eines vor dem Projektstart. Bei Großprojekten sollte das mehrere Tage dauern, und dazu gehören projektfremde Unternehmungen: zum Beispiel der Besuch eines Hochseilgartens, der Bau eines großen Holzautos. Bei diesen Aktionen zählt bereits das Talent zur Teamarbeit.

Laut Leuschner werde die Bedeutung dieser 'Events' unterschätzt, sie seien in vielen Unternehmen nicht üblich. 'Dabei wird die Chance verschenkt, Voraussetzungen für den Projekterfolg zu schaffen.' Dass die psychologische Seite des Projektmanagements ein wichtiges Thema ist, hat die Branche vor einigen Jahren erkannt. 'Die Unternehmen sind offener geworden', sagt Hans Leuschner. Führungsthemen stünden mehr im Mittelpunkt. Aber auch er meint, dass noch mehr getan werden sollte. Organisationspsychologin Monika Wastian sieht ein großes Potenzial brachliegen. 'Gerade technische Projekte können von einem Schulterschluss mit Personalern und Psychologen stark profitieren.' All das gewinnt an Bedeutung - denn der Projektarbeit gehört die Zukunft. Sie wird komplexer und umfangreicher. Bis 2020 soll ihr Anteil an der Wertschöpfung 15 Prozent erreichen, weist Hans Leuschner auf eine Studie der Deutschen Bank Research hin. 2007 waren es zwei Prozent. Er fordert eine größere Wertschätzung der Arbeit eines Projektmanagers in der Bewertung von Karrieren.