Trotz seiner Insolvenz ist der Windkraftanbieter Prokon eine attraktive Kaufgelegenheit – auch für einen als Atomkonzern verschrienen Anbieter wie die EnBW, kommentiert der StZ-Wirtschaftschef Michael Heller.

Stuttgart - Der Fall Prokon ist ein Beispiel dafür, dass ein Unternehmen mit seiner Insolvenz keineswegs den Beleg dafür geliefert hat, dass es in der Marktwirtschaft nicht überleben kann. Der Verein „Freunde von Prokon“ hat jetzt mitgeteilt, dass das Kaufinteresse von Unternehmen wie EnBW und Capital Stage für die Werthaltigkeit des Windkraftunternehmens spricht. Das ist durchaus richtig. Prokon betreibt Anlagen, die Strom produzieren, der wiederum verkauft werden kann. Prokon ist letztlich nicht an seinem wirtschaftlichen, sondern an seinem finanziellen Konzept gescheitert. Die Mittelbeschaffung über die Ausgabe von Genussscheinen hat manche Beobachter an Schneeballsysteme erinnert, war zumindest aber nicht nachhaltig.

 

Dieser Konstruktionsfehler lässt sich nun beheben – entweder durch den Verkauf oder durch die Umwandlung in eine Genossenschaft. Der Wille vieler Genussscheininhaber, ihre Papiere in Genossenschaftsanteile umzuwandeln, ist nicht zu unterschätzen. Diese Anleger stehen zwar in dem Verdacht, nur wegen der hohen Zinsen Prokon-Genussscheine gezeichnet zu haben, aber nicht wenigen ging es auch darum, Geld in eine wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Aktivität zu stecken. Ob Prokon aber alleine mit diesen Anlegern im Rücken erhalten werden kann, ist fraglich, denn durch die Umwandlung alleine kommt noch kein Geld in die Kasse. Wie aber will Prokon die weitere Entwicklung finanzieren?

Da bietet ein etablierter Stromkonzern wie die EnBW schon mehr Sicherheit. Dass ausgerechnet ein als Atomkonzern verschriener Anbieter in Itzehoe zum Zug kommen könnte, mag manche Ökostromanhänger irritieren. In Wahrheit zeigt der Schritt, dass die EnBW die Energiewende ernst nimmt und bereit ist, sich zu wandeln. Das ist erfreulich. Allerdings: auch wenn Prokon sehr attraktiv erscheint, so ist doch Übereifer fehl am Platz. Die Übernahme eines Unternehmens aus der Insolvenz heraus ist mit Risiken verbunden, die ins Kalkül zu ziehen sind.