Hunderttausende Prostituierte gibt es in Deutschland. Sie sollen künftig besser geschützt werden - mit Regeln für sie selbst, ihre Chefs und die Freier. Doch nicht alle sind begeistert.

Berlin - Monatelang hat die Koalition an einem Gesetz zum Schutz von Prostituierten gearbeitet. Nun hat das 118 Seiten starke Regelwerk das Bundeskabinett passiert - ein Überblick:

 

Wieviele Prostituierte gibt es in Deutschland?

Die Schätzungen reichen von 150 000 und 700 000. Die Regierung geht von 200 000 aus. Rund 50 000 sollen jedes Jahr aus dem Job aussteigen und neu dazukommen. Rund zehn Prozent der Prostituierten sollen auf dem Straßenstrich arbeiten. Schätzungen zufolge gibt es 10 000 Wohnungs- und andere Bordelle, Clubs, Bars, Saunen und Agenturen in dem Bereich sowie rund 1700 Wohnwagen, in denen Prostituierte arbeiten. Die Zahl der Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung ist unklar, aber es sollen viele tausend sein.

Was ist der Grundgedanke des Gesetzes?

Der riesige Graubereich von Prostitution zwischen Legalität und Illegalität birgt viele Risiken für die Prostituierten - gesundheitlich und hinsichtlich Freiheit und Menschenwürde. Nun soll legale Prostitution umfassend geregelt und so die Lage der Betroffenen verbessert werden.

Was ist für Betreiber vorgesehen?

Sie brauchen eine Erlaubnis für ein Bordell oder ähnliche Einrichtungen. Sie müssen ein Konzept vorlegen und ihre Zuverlässigkeit prüfen lassen. Hygienestandards, die Pflicht zum Bereitstellen von Kondomen, gegebenenfalls separate Wohnräume und das Verbot ausbeuterischer Angebote sollen vorgeschrieben werden. Dazu zählen Sex-Flatrates oder sogenannte Gang-Bang-Rape-Partys mit Freiergruppen.

Was soll für Prostituierte gelten?

Sie brauchen keine Erlaubnis, sollen sich aber anmelden müssen. Eine persönliche gesundheitliche Beratung soll es geben und Informationen über Betreuungs- und Hilfsangebote. Auf Wunsch soll auf der Anmeldebescheinigung ein falscher Name stehen können, nur in der Anmeldebehörde wäre dann der echte Name hinterlegt.

Was gilt für Freier?

Die Kondompflicht - sanktioniert werden können Verstöße laut Entwurf mit Geldbußen von bis zu 50 000 Euro. Zwar räumt die Regierung ein, dass das kaum zu kontrollieren ist. Doch soll mit Aushängen auf diese Verpflichtung hingewiesen und nicht mehr für ungeschützten Geschlechtsverkehr geworben werden dürfen - so soll der Druck auf die Frauen zu Sex ohne Kondom vermindert werden.

Welche Strafen sind sonst vorgesehen?

Geldbußen bis zu 10 000 Euro soll es unter anderem geben, wenn man ohne Erlaubnis ein Prostitutionsstätte betreibt oder zum Beispiel ein Prostitutionsfahrzeug unterhält, das sich nicht von innen öffnen lässt, oder wenn die Arbeitstage und Zahlungen der Prostituierten nicht aufgezeichnet werden.

Was ist gegen Zwangsprostitution noch geplant?

Menschenhandel und Zwangsprostitution sind schon illegal - doch künftig soll es auch Verschärfungen im Strafrecht dazu geben: Vor allem geplant sind harte Strafen für Freier von Zwangsprostituierten von bis zu mehreren Jahren Haft.

Gibt es Kritik am nun auf den Weg gebrachten Gesetz?

Ja. Etwa der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen sieht darin vor allem eine Ansammlung von Kontroll- und Sanktionsandrohungen. Die Meldepflicht, so die Befürchtung, werde viele Betriebe und Prostituierte erst in die Illegalität treiben. Betroffene fürchteten ein Outing, kleine Betriebe könnten die Auflagen kaum erfüllen.

Wie geht es mit dem Prostituiertenschutzgesetz weiter?

Nach den Beratungen in Bundestag und Bundesrat soll es am 1. Juli 2017 in Kraft treten. Noch offen ist, wie gegebenenfalls eine Regelung für die Behörden aussehen soll, wenn sie den Eindruck haben, eine Prostituierte weiß bei ihrer Anmeldung gar nicht genau, wofür sie sich eigentlich anmeldet. Konkrete Vorgaben zu den Anforderung für Bordelle und anderes sollen in einer Verordnung geregelt werden.