Nutzt die Stadt das neue Prostitutionsschutzgesetz als Hebel gegen die Armuts- und Zwangsprostitution? Das wird bei der Umsetzung in Stuttgart die spannende Frage sein, meint Redakteur Mathias Bury.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Der Volksmund spricht vom ältesten Gewerbe der Welt. Das doch die meiste Zeit verfemt und verfolgt worden ist. Das Prostitutionsgesetz von 2002 hat hier eine weitreichende Liberalisierung gebracht. Seither sprechen viele von Sexarbeit, die jetzt nicht mehr sittenwidrig ist. Was vorher als Zuhälterei strafbar war, ist heute der legale Betrieb von Einrichtungen zum Angebot von Sexdienstleistungen.

 

Das Gesetz, dass die Prostituierten aus der Illegalität in ein ganz normales Gewerbe mit Versicherungsschutz holen wollte, war gut gemeint. Aber wenig realitätsnah. Prostitution ist eben doch kein Beruf wie jeder andere. Die Masse der Frauen, die zum größten Teil aus elenden Lebensverhältnissen in Osteuropa hierher kommen und ihre Körper feilbieten, haben mit dem Bild von der selbstbestimmten Hure, die dem Gesetzgeber damals offenbar vorschwebte, wenig bis gar nichts zutun.

Erst die Liberalisierung, jetzt die Regulierung

Deshalb soll nach der Liberalisierung nun auch die Regulierung des Sexgewerbes folgen. Angesichts der bestehenden Probleme und langer kritischer Debatten ist dieser Schritt überfällig. In der Praxis ist die Sache aber schwieriger als gedacht.

In jedem Fall wächst die Verantwortung der öffentlichen Hand. Auch der Stadt, die durchaus Spielräume hat bei der Umsetzung des Gesetzes, wächst eine anspruchsvolle Aufgabe zu. Das Geschäft mit dem käuflichen Sex geschieht künftig mehr denn je unter den Augen des Staates. Was die Anmeldepflicht der Frauen und die Prüfung der Bordellbetreiber betrifft, sogar amtlich verbrieft.

Was wird die Stadt daraus machen?

Die Frage ist: Wie wird das neue Gesetz das Sexgewerbe verändern? Im Guten oder auch im Schlechten? Nimmt die illegale Prostitution zu? Sind viele Rotlichtbetriebe baurechtlich doch gar nicht zulässig. Und wie wird die Stadt die neuen Vorgaben auslegen? Schließlich hat sich der Oberbürgermeister mit seiner Freierkampagne dem Kampf gegen Armuts- und Zwangsprostitution verschrieben.