Am 11. Mai sollen die ersten Flüchtlinge in der neuen Unterkunft in Feuerbach einziehen. Die Asylsuchenden sind noch nicht da, aber die Welt im Stadtbezirk haben sie schon verändert.

Stuttgart - Am 11. Mai sollen die ersten Flüchtlinge in die neue Flüchtlingsunterkunft Schelmenäcker-Süd in Feuerbach einziehen. Während dort der Einzug vorbereitet wird, planen Nachbarn den Auszug. Zwei Anwohner der Bubenhaldenstraße haben sich bereits zum Verkauf ihrer Häuser entschlossen, einige andere überlegen noch, auch in den angrenzenden Straßen. Die Flüchtlinge sind noch nicht da, aber die Welt in der Bubenhaldenstraße hat sich schon jetzt verändert. Vor allem einen Satz hört man in dem Feuerbacher Wohngebiet immer wieder: „Die Stadt hat uns belogen und betrogen.“

 

Das findet auch Hartmut Stahl, dessen Elternhaus direkt an das Grundstück der neuen Flüchtlingsunterkunft grenzt. Der 72-Jährige war lange Jahre Betriebsratsvorsitzender eines Chemieunternehmens, ist Mitglied der SPD, kirchlich engagiert, will mit Pegida nichts zu tun haben – und hadert dennoch mit dem Wohnheim vor seinem Gartenzaun. „Mit der einen Unterkunft mit 78 Bewohnern hätten wir uns abgefunden, aber der zweite Bau ist zu viel. 160 Menschen auf so engem Raum, das ist für die Flüchtlinge und für uns Nachbarn nicht gut.“

Anwohner: „Stadt hat Alternativen abgeblockt“

Die erste Unterkunft ist fast fertig, für die zweite steht die Baugenehmigung noch aus, sie soll im Oktober bezogen werden. Die Feuerbacher Anwohner haben alles versucht, um die Bauten zu verhindern. 15 000 Euro hat die Interessengemeinschaft in Anwälte investiert, noch ist eine zweite Petition im Landtag anhängig. Aber Christian Monka, selbst Jurist, stellt nüchtern fest: „Wir wissen, dass wir keine Chance haben, aber wir wollten alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.“ Was den Anwohnern zu schaffen macht, ist das Gefühl, übergangen worden zu sein. „Die Stadt hat alle Alternativstandorte von vornherein abgeblockt. Und gerade in Feuerbach hätte es Alternativen gegeben“, ist Hartmut Stahl auch nach vielen Diskussionen im Bezirksbeirat überzeugt und spricht damit den anderen Anwohner aus der Seele. Und dann ist da noch der benachbarte Hattenbühl, der zu Beginn als möglicher Standort im Gespräch gewesen ist, dann aber schnell wieder draußen war. „Da wohnen eben die Superreichen, die bessere Beziehungen haben als wir“, so Hartmut Stahl.

200 Flüchtlinge kommen jeden Monat nach Stuttgart

Stefan Spatz, der Leiter des Sozialamts versichert, dass die Alternativen gründlich geprüft worden seien, macht ansonsten aber deutlich: „Angesichts der Weltlage haben wir keine Alternative, wir brauchen die Plätze.“ 200 Flüchtlinge kommen jeden Monat nach Stuttgart, die die Stadt versorgen muss. „Wir sind froh, dass wir die Menschen in Systembauten unterbringen können und nicht auf Turnhallen ausweichen müssen“, sagt Spatz. Schon bald will die Stadt neue Standorte für weitere Systembauten präsentieren, schon bald könnte sich irgendwo anders in der Stadt neuer Widerstand formieren.