Fünf ehemalige Mitarbeiter des Forschungszentrums in Karlsruhe stehen vor Gericht – beim Rückbau der Wiederaufbereitungsanlage soll Schmiergeld in beträchtlicher Höhe geflossen sein.

Karlsruhe - Am Donnerstag beginnt am Karlsruher Landgericht ein auf fünf Verhandlungstage angesetzter Prozess gegen fünf ehemalige Atommanager des Forschungszentrums – das seit Ende 2009 Bestandteil des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist. Dabei geht es um Schmiergeldzahlungen in beträchtlicher Höhe. Im Mittelpunkt der Korruptionsaffäre stehen fünf Männer im Alter zwischen 52 und 69 Jahren, die teilweise bei Rückbaumaßnahmen der 20 Jahre lang betriebenen Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) tätig waren. Die WAK war zwischen 1971 und 1991 in Betrieb und soll bis 2023 wieder rückgebaut werden.

 

Es geht um zinslose Darlehen und Schmiergeldzahlungen

Die Vorfälle, mit denen sich das Gericht beschäftigen wird, beziehen sich auf die Jahre 2004 bis 2008. Erstmals 2005 habe es anonyme Anzeigen gegeben, 2007 wurden Ermittlungen aufgenommen. Es ging dabei angeblich um Millionenaufträge im Bereich der atomaren Entsorgung. Verdächtigt wurden Mitarbeiter eines großen schwedischen Entsorgungskonzerns und zwei ehemalige Abteilungsleiter des Forschungszentrums, die „die Hand aufgehalten haben sollen“. Ein 64-jähriger Funktionsträger des Forschungszentrums habe in zwei Fällen, 2004 und 2007, jeweils Beträge von 40 000 Euro erhalten.

In einem zweiten Fall soll Anfang 2004 ein 52 Jahre alter Manager ein quasi zinsloses Darlehen über insgesamt 150 000 Euro erhalten haben, teilte jetzt die Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Prozesses mit. Bestochen worden sein sollen beide von einem 69 Jahre alten Angeklagten, der als Mitarbeiter des schwedischen Unternehmens tätig war. Nach örtlichen Medienberichten wurden die beiden Hauptangeklagten, der 64-jährige und der 52-jährige Atommanager entlassen. Es halten sich freilich Spekulationen, beide seien zeitweilig suspendiert worden, hätten aber zunächst weiter Bezüge erhalten.

Die Ermittlungen haben sich lange hingezogen

Das Ermittlungsverfahren zog sich über einen vergleichsweise langen Zeitraum hin. Das Verfahren geht auf zwei umfangreiche Anklageschriften der Karlsruher Staatsanwaltschaft vom 17. Januar 2011 und vom 27. September 2011 zurück. Wegen des Verfahrensumfangs – fünf Angeklagte, sechs Verteidiger, mehr als 13 000 Seiten Akten, 20 Sonderbände – könne die Hauptverhandlung erst jetzt beginnen, teilte ein Sprecher des Gerichts mit.

Das einstige Forschungszentrum – das 1956 unter dem CSU-Bundesminister für Atomfragen, Franz-Josef Strauß, gegründet wurde – ist seit Oktober 2009 fusioniert mit der ehemals Technischen Hochschule Karlsruhe. Die für die Rückbaumaßnahmen zuständige Gesellschaft wurde bereits vor KIT-Gründung ausgegliedert und gehört heute zur „Energiewerke Nord GmbH“ (EWN) in Rubenow an der Ostseeküste. Nicht weit entfernt, in Greifswald, der ehemaligen Atomschmiede der früheren DDR, lagern seit Anfang 2011 auch die verglasten Reste der Wiederaufarbeitungsanlage im Karlsruher Hardtwald.

Die Wiederaufbereitungsanlage und der Rückbau

Von 1971 bis 1991 wurde in Karlsruhe die Wiederaufarbeitungsanlage (WAK) betrieben. Die Pilotanlage sollte Erfahrungen bei der Wiederaufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe beisteuern. Ihr Betrieb wurde eingestellt, nachdem die deutschen Energieversorgungsunternehmen auf den Weiterbau der Wiederaufarbeitungsanlage im bayerischen Wackersdorf, in der kommerziell Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken aufgearbeitet werden sollten, verzichteten. In der Betriebszeit der WAK wurden rund 200 Tonnen abgebrannter Kernbrennstoff aufgearbeitet. Die WAK soll bis 2023 vollständig abgebaut werden. 2010 wurde dazu auf dem Gelände eigens eine Verglasungsanlage errichtet.

Ob der Rückbau bis 2023 gelingt, ist derzeit ungewiss. „Derzeit stehen der Gesellschaft etwa zehn Prozent weniger Finanzmittel zur Verfügung, um ihre Arbeiten wie geplant durchführen zu können“, bestätigte die WAK im vergangenen Juli. Der Rückbau aller Atomruinen auf dem Gelände wird mindestens 2,6 Milliarden Euro teuer. Die Kosten wurden unterdessen mehrfach neu berechnet. Der Wirtschaftsplan wird zu 8,2 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert, den Löwenanteil trägt der Bund. Eine der gefährlichsten Hinterlassenschaften der Atom-Ära, rund 60 000 Liter flüssiger Atommüll, wurde Anfang 2011 – verfestigt in Glaskokillen – ins Zwischenlager Lubmin nach Mecklenburg-Vorpommern gebracht.