Ein junger Mann soll eine Bekannte in einem Hauseingang vergewaltigt haben. Der 21-Jährige bestreitet vor Gericht die Vorwürfe. Hat er das Opfer zuvor betäubt?

Stuttgart - Es habe Kontakt gegeben, aber es habe kein Geschlechtsverkehr stattgefunden. So umreißt Verteidiger Rudi Mannl kurz die Version seines Mandanten vor der 19. Strafkammer des Landgerichts. Die Staatsanwältin trägt etwas Anderes vor – etwas ganz Anderes.

 

Der 21-jährige Angeklagte aus Stuttgart und das mutmaßliche Opfer kennen sich. Im Mai 2016 sei es in einer Wäschekammer zu Küssen gekommen, sagt der Mann. Er habe mehr gewollt, die Frau nicht. Das habe er respektiert. Fortan habe er nur noch über Textnachrichten mit der Frau in Kontakt gestanden. Bis zum 4. November vergangenen Jahres jedenfalls.

Er sei nach seinem Dienst mit Kollegen in einen Club an der Theodor-Heuss-Straße in der Innenstadt gegangen. Dort habe er die junge Frau zufällig getroffen. „Sie hat vor mir getanzt und mich dann geküsst“, sagt der Angeklagte. Für das, was dann geschah, gibt es zwei Versionen: die des 21-Jährigen und die der Staatsanwältin. Auf jeden Fall hatten unbeteiligte Nachtschwärmer die besinnungslose Frau gegen 4 Uhr mit heruntergezogener Hose auf dem Boden eines Hauseingangs an der Calwer Straße gefunden und die Polizei alarmiert.

Wurden dem Opfer heimlich Drogen verabreicht?

Die Anklägerin sagt, dem Opfer seien in dem Club Benzodiazepine ins Getränk gemischt worden. Derartige Präparate haben eine sedierende und schlaffördernde Wirkung. Und vor allem: je nach Dosis können sie amnestisch wirken, sprich für die Zeit der Wirkdauer hat man keine Erinnerung. Es kursieren mehrere solcher Mittel, die als Vergewaltigungsdrogen bekannt sind. Dass ihr der 21-Jährige das Mittel verabreicht habe, wird in der Anklage nicht explizit gesagt. Er soll mit der reglos auf dem Boden liegenden Frau aber später in dem Hauseingang auf verschiedene Arten Sex gehabt haben. Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen heißt dies im Strafgesetzbuch und wird seit November 2016 nach einer Neufassung des entsprechenden Paragrafen in besonders schweren Fällen mit mindestens zwei Jahren Gefängnis bestraft. Die Staatsanwältin wirft dem Mann zudem Körperverletzung vor.

Der Angeklagte, der sich mit Jobs in der Gastronomie über Wasser hält und der noch bei seinen Eltern wohnt, weist den Vorwurf von sich. Wie gesagt, seine Bekannte habe ihn in dem Club angemacht und vielversprechend geküsst. Man habe den Club gemeinsam verlassen und sei bei strömendem Regen in dem Hauseingang an der Calwer Straße gelandet. Sie hätten sich geküsst und intim berührt, sie habe ihm geholfen, ihre Hose herunterzuziehen. „Dann saß die Frau also mit nacktem Hintern auf dem kalten Steinboden?“, fragt der Vorsitzende Richter. „Ja“, lautet die knappe Antwort des Angeklagten.

Der Mann wurde schnell festgenommen

Dann sei ihr schlecht geworden, sie habe ihn aufgefordert, von ihr herunterzugehen, sagt der Angeklagte – was er auch getan habe. Dann habe sich die Frau übergeben müssen. Als die Passanten gekommen seien und sich um die Frau gekümmert hätten, habe er sich erst ein paar Schritte entfernt und so getan, als telefoniere er. Dann sei er schließlich geflohen, sagt der 21-Jährige. „Ich hatte Angst. Ich wusste nicht, wie ich die Situation erklären sollte“, so der Angeklagte. Schon kurz darauf nahm ihn die Polizei fest.

Ob das mutmaßliche Opfer eine Erinnerung an das Geschehen hat, wird der weitere Verlauf der Hauptverhandlung zeigen. Der Prozess wird am 18. April fortgesetzt.