Weil er die Arbeitsagentur Waiblingen um 20 000 Euro Unterstützung betrogen hat, ist ein früherer Abteilungsleiter des VfL Waiblingen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Waiblingen - Der Verteidiger des 49-jährigen Angeklagten fühlt sich an Arthur Schnitzlers Bühnenstück „Reigen“ erinnert. „Hier war jeder mit jedem verbandelt.“ Gemeint sind der Sportverein VfL Waiblingen, die Stadt Waiblingen und deren Stadtwerke. Diese hatten im Jahr 2011 die Idee, die drohende Schließung von Hallenbädern in der Kreisstadt abzuwenden, indem ein Bäderkonzept der Schwimmabteilung des Sportvereins zum Tragen kommen sollte. Für 13 000 Euro pro Monat, bezahlt von den Stadtwerken, sollte eine externe Firma den Badebetrieb in den kleinen Hallenbädern in Hegnach und Neustadt regeln – so das Konzept, das maßgeblich von dem 49-Jährigen erarbeitet worden war.

 

Konzept zur Rettung von Hallenbädern erarbeitet

Die Firma, die dann ohne Ausschreibung im Herbst 2011 engagiert wurde, hatten er und seine Lebensgefährtin gegründet. „Jeder war froh, dass sich jemand um die Sache kümmerte, allen war es egal, wer es macht, auch der Stadt“, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Der Angeklagte kündigte damals seine Arbeit in einer großen Gebäudeverwaltungsfirma und meldete sich arbeitslos. Schwere Rückenprobleme gab er als Grund an, nicht mehr im Management dieses Unternehmens arbeiten zu können. Für das Amtsgericht steht jedoch fest, dass er danach für die Firma, die mit den Initialen von ihm und seiner Lebensgefährtin benannt war, voll gearbeitet und im Zeitraum von einem Jahr Arbeitslosenunterstützung von insgesamt 20 000 Euro zu unrecht bezogen hat. Wegen Betrugs und wegen einer Schreckschusspistole, die in seinem Auto gefunden worden war, wurde der 49-Jährige von dem Waiblinger Amtsrichter Werner Dietz zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Wochen verurteilt.

Insgesamt drei Tage dauerte der Prozess vor dem Amtsgericht. Zwar hatte sich der Staatsanwalt am ersten Tag gesprächsbereit gezeigt, doch wiesen der Verteidiger und sein Mandant das Angebot eines Deals zurück. Statt dessen machten sie ein großes Fass mit der Beweisaufnahme auf, um nachzuweisen, dass der 49-jährige lediglich ehrenamtlich in seiner Funktion als Abteilungsleiter tätig geworden war oder um seiner Lebensgefährtin zu helfen – im erlaubten Rahmen von 15 Stunden pro Woche, die ein Arbeitsloser nebenbei arbeiten dürfe. Konsequent plädierte der Anwalt denn auch auf Freispruch.

Der Angeklagte soll sich wie der Chef aufgeführt haben

Die Beweisaufnahme ergab jedoch ein ganz anderes Bild. Die Präsenz des Angeklagten in den Bädern fiel nahezu allen auf, die dort zu tun hatten. Eine Schwimmmeisterin, die sich als Angestellte der Stadtwerke auch um die Wassertechnik in dem Neustädter Bad kümmert, sagte, der 49-Jährige habe sich ihr gegenüber „wie der Chef“ aufgeführt. „Er hat sich sogar in Dinge eingemischt, die ihn gar nichts angingen.“

Viele Rechnungen waren von dem Angeklagten unterzeichnet worden, darunter auch Quittungen von Bewirtungen zur „Netzwerkpflege“, auf denen Gäste aufgeführt waren, die gar nicht anwesend gewesen waren. Peinlich wurde ein Versuch des Verteidigers, zu zeigen, dass die Lebensgefährtin seines Mandanten als Geschäftsführerin unterzeichnet hatte: Die vorgelegte Firmen-Rechnung betraf die Installation von Steckdosen in der Privatwohnung.

Ehrenamtliche Verdienste in Bewährungsauflage verrechnet

Den Arbeitslosenstatus habe der Angeklagte aus mehreren Gründen angenommen, so Dietz. Zum einen habe er verhindern wollen, dass sein Anteil aus dem Geschäft mit den Hallenbädern in den Unterhalt seiner vier Kinder aus einer geschiedenen Ehe und die daraus bereits entstandene Privatinsolvenz geflossen wären. Und er habe so Verhandlungen zwischen seiner Firma und dem Verein quasi mit sich selbst führen können, da seine Lebensgefährtin nur pro forma als Geschäftsführerin eingetragen war. Die Verdienste, die der Angeklagte für den VfL errungen hat, habe er in der Strafe berücksichtigt, so Dietz: „Diese habe ich mit den sonst als Bewährungsauflage üblichen Arbeitsstunden verrechnet.“

Unruhe in der Schwimmabteilung des VfL Waiblingen

Alter Trainer:
Die Schwimmabteilung des VfL Waiblingen war im vergangenen Jahr schon einmal in die Schlagzeilen geraten. Der Verein hatte seinen damaligen Chefcoach entlassen, weil dieser angeblich Gelder unterschlagen hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den sportlich sehr erfolgreichen Trainer, und das Amtsgericht erließ einen Strafbefehl wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Beiträgen für zwei Trainingslager, die der Mann organisiert hatte. Weil der 33-Jährige den Strafbefehl nicht akzeptierte, wurde der Fall vor Gericht verhandelt, letztlich aber wegen geringer Schuld gegen Auflagen eingestellt.

Neuer Verein:
Ein Großteil der Leistungsschwimmer, auch jene, die von den finanziellen Unregelmäßigkeiten betroffen waren, hat dem Trainer die Stange gehalten. Ein neuer Verein, der SV Waiblingen, wurde gegründet. Dieser fühlt sich von der Stadt wegen schlechter Trainingsmöglichkeiten benachteiligt.